Die News

OGH 20. 5. 2020, 6 Ob 55/20m: Zur Formpflicht bei Geschäftsanteils­übertragungen

24.07.2020 | Dr. Roman Alexander Rauter

Die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen ist praktisch ein „Dauerbrenner“ und auch ein wiederkehrendes Thema vor Gericht. Nicht selten geht es im Hintergrund um Gesellschafterstreitigkeiten und die Wirksamkeit der Ausübung von Aufgriffsrechten.

Ein Fall, dessen Sachverhalt in der Entscheidung nicht wiedergegeben ist, hat im Mai dieses Jahres den Obersten Gerichtshof beschäftigt. Die Entscheidung ist kurz, enthält aber einige wichtige Aussagen:

  1. Zunächst folgende, bereits häufig getätigte Aussagen: Bei Trennung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft gilt das Formgebot des Notariatsakts (§ 76 Abs 2 GmbHG) für beide Geschäfte. Die nicht formgerechte Abtretung ist unwirksam.
  2. Es kommt idZ darauf an, ob die Vertragsparteien einen aktuellen Übertragungswillen haben. Wird „Signing“ und „Closing“ getrennt, kann daher für das „Closing“ ein weiterer Notariatsakt erforderlich sein. Eine „Erklärung, mit der Unterfertigung die Übereignung zu vollziehen“, bildet das Verfügungsgeschäft. Notwendig ist eine Beurteilung im Einzelfall.
  • Die Vorinstanzen hatten eine Formulierung zu beurteilen, wonach „spätestens am 31. März 2016 die folgenden Geschäftsanteile … übertragen“ werden. Sie deuteten diese Formulierung in dem Sinne, dass die Vertragsparteien das Verfügungsgeschäft separat abschließen wollten.
  1. Der Formmangel des Verfügungsgeschäfts ist nach herrschender Meinung nicht heilbar.
  • Der Revisionsrekurs konnte diesbezüglich keine hinreichenden Gegenargumente ins Treffen führen.
  1. Bei einer im Ausland vorgenommenen Beurkundung wäre zu prüfen, ob die Beurkundung qualitativ im Hinblick auf den Zweck des Formgebots gleichwertig ist. Zweck des Formgebots ist auch die Belehrung über die mit dem Erwerb von Geschäftsanteilen einer GmbH typischerweise verbundenen besonderen Gefahren und Risken. Eine solche Belehrung ist bei einer Beurkundung nach dem deutschen Konsulargesetz ungeachtet der Gleichstellung einer derartigen Beurkundung nach § 10 Abs 2 des deutschen Konsulargesetzes mit den von einem deutschen Notar aufgenommenen Urkunden nicht gewährleistet.

 

Die OGH-Entscheidung ruft in Erinnerung, dass Formmängel bei Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen zur Unwirksamkeit der Transaktion führen (können). Freilich sind einzelne Fragestellungen noch nicht höchstgerichtlich geklärt. Insbesondere bei (potentiellen) Gesellschafterstreitigkeiten wird daher häufig die Verwendung der Notariatsaktsform (eines inländischen Notars) nützlich sein, um Streitigkeiten über die Wirksamkeit hintanzuhalten. Allerdings muss der Einsatz von Notariatsakten nicht „ausufernd“ erfolgen. Letztlich ist bei höchstgerichtlich noch nicht geklärten Detailfragen anhand der Formzwecke des § 76 Abs 2 GmbHG zu beurteilen, ob eine Formpflicht eingreift (siehe hierzu näher Rauter in Straube/Ratka/Rauter, Wiener Kommentar zum GmbHG § 76 Rz 14 ff). Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt – gerade im Zusammenhang mit Aufgriffsrechten – auch die Interpretation der konkreten Satzungsregelung bzw schuldrechtlichen Vereinbarung. Auch dafür ist die vorliegende Entscheidung Anschauungsmaterial.

Weiterempfehlen