Immobilienrecht

OGH 4. März 2021, 5 Ob 136/20s –Eigenbedarfskündigung auch bei Erwerb einer vermieteten Eigentumswohnung nicht von vorneherein ausgeschlossen

Der seit Juni 2007 (!) über keinen festen Wohnsitz verfügende Vermieter einer im Grundbuch eingetragenen Eigentumswohnung – er hatte zunächst eineinhalb Jahre in einem Zelt genächtigt und danach in einem nicht isolierten Wohnwagen logiert – benötigte einen langen Atem, um seine Eigenbedarfskündigung (§ 30 Abs 2 Z 8 MRG) durchzusetzen. Nachdem die Anfang Jänner 2017 bewilligte Aufkündigung vom Erstgericht in zwei Rechtsgängen jeweils als rechtsunwirksam aufgehoben und das damit verbundene Räumungsbegehren abgewiesen wurde, brachte erst die Befassung des Höchstgerichtes den Umschwung für den Vermieter.
Dieser hatte die seit 1979 vermietete Wohnung bereits 2004 im Wege einer Zwangsversteigerung erworben und war mit seiner Kündigung zunächst daran gescheitert, dass das Berufungsgericht von einer Gesamtnichtigkeit der Wohnungseigentumsbegründung ausgegangen war und ihn als schlichten Miteigentümer behandelte. Da ein schlichter Miteigentümer eine Eigenbedarfskündigung nur dann durchsetzen kann, wenn er wenigstens Eigentümer zur Hälfte ist (§ 30 Abs 3 letzter Satz MRG), der Vermieter dieses Erfordernis aber nicht erfüllte, wurde ihm vom Berufungsgericht die Eigenbedarfskündigung im 1. Rechtsgang verwehrt. Erst als der OGH im Februar 2020 (5 Ob 188/19m), ausgehend von einer zwischen allen Miteigentümern bestehenden Benützungsvereinbarung, dem Vermieter ein obligatorisch begründetes Nutzungs- und Verfügungsrecht an der Wohnung zuordnete und außerdem klarstellte, dass der Vermieter gleich einem Wohnungseigentümer zu behandeln sei, wendete sich nach über dreijähriger Verfahrensdauer das Blatt.
Da einem Wohnungseigentümer ungeachtet der Größe seines Miteigentumsanteiles die Eigenbedarfskündigung offensteht und der Eigenbedarf des Vermieters angesichts der oben beschriebenen Unterkunft auf der Hand lag, war nur noch eine Abwägung der beiderseitigen Interessen von Vermieter und Mieter vorzunehmen. Dabei sind neben wirtschaftlichen und persönlichen Umständen insbesondere auch gesundheitliche Interessen, die in der Regel schwerer wiegen, zu berücksichtigen.
Wegen der prekären Wohnsituation des Vermieters und angesichts des Umstandes, dass dieser im Unterschied zum Mieter über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügte, fiel die Interessenabwägung zugunsten des Vermieters aus. Er kann nun aus dem Wohnwagen in seine Eigentumswohnung übersiedeln.

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