Die Klägerin erbte im Jahr 2010 eine Eigentumswohnung, deren Nachbarliegenschaft im Eigentum der Beklagten steht. Die bereits im Jahr 1980 von der Beklagten entlang der Grundstücksgrenze gepflanzten Bäume erreichen mittlerweile eine Höhe von 15 bis 18 Meter. Der dadurch bewirkte Lichtentzug führt zu einer enormen Beschattung und damit zu einer sowohl in zeitlicher als auch in räumlicher Hinsicht weitgehenden Unbenutzbarkeit der klägerischen Liegenschaft bzw. einem erhöhten Heizungsbedarf der klägerischen Wohnung.
Die Klägerin begehrte unter anderem, die Beklagte schuldig zu erkennen, durch geeignete Maßnahmen Immissionen durch Lichtentzug zu beseitigen, soweit diese das ortsübliche Ausmaß übersteigen und zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Wohnung der Klägerin führen.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Stattgebung des Klagebegehrens durch die Vorinstanzen.
Seit dem Zivilrechtsänderungsgesetz 2004 kann ein Grundeigentümer die Unterlassung des von Bäumen oder anderen Pflanzen des Nachbargrunds ausgehenden Entzugs von Licht oder Luft („negative Immissionen“) verlangen, wenn diese Einwirkungen das ortsübliche Maß überschreiten und zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Benutzung des Grundstücks führen (§ 364 Abs 3 ABGB).
Ob der Lichtentzug zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung führt, hängt grundsätzlich von der konkreten Interessensabwägung im Einzelfall ab. Dem Argument der Beklagten, dass bei der gegenständlichen Unzumutbarkeitsprüfung unter anderem zu berücksichtigen sei, dass die Pflanzen zu einem Zeitpunkt gepflanzt wurden (in concreto: 1980), zu dem ein Inkrafttreten einer § 364 Abs 3 ABGB entsprechenden Regelung (in concreto: 2004) noch nicht absehbar war, traten die Höchstrichter mit dem Hinweis entgegen, dass eine solche Berücksichtigung keineswegs grundsätzlich dazu führte, dass ihre Interessen insgesamt höher zu gewichten wären. Dass die Anwendung des § 364 Abs 3 ABGB nicht prinzipiell daran scheitert, dass vor Inkrafttreten der Bestimmung vorgenommene Pflanzungen betroffen sind, wurde vom OGH bereits im Jahr 2006 mit dem Argument ausgesprochen, dass das Gesetz eine solche Einschränkung nicht vorsieht.
Auch der Einwand der Beklagten, dass sich neu hinzukommende Nachbarn grundsätzlich mit der im Gebiet „vorherrschenden Immission“ abfinden müssten, vermochte die Höchstrichter nicht zu überzeugen: Einerseits muss auch dem Einzelrechtsnachfolger ein Unterlassungsanspruch zustehen, soweit schon dessen Rechtsvorgänger gewisse Immissionen als ortsunüblich hätte untersagen können, würde sich doch andernfalls die Rechtsposition des beeinträchtigenden Nachbarn (also der Beklagten) durch den Eigentümerwechsel grundlos verbessern. Andererseits liegt im gegenständlichen Fall gar kein „neu hinzugekommener Nachbar“ vor, sondern hat die Klägerin die Wohnung im Erbweg erhalten, sodass sie sich die Wohnungsumgebung – anders als etwa bei einem Wohnungskauf – gar nicht aussuchen konnte. Aus demselben Grund kann der Klägerin auch nicht entgegengehalten werden, dass der Eigentumserwerb erst vor wenigen Jahren erfolgte.
Die beklagte Nachbarin ist daher verpflichtet, ihre Bäume so zu stutzen, dass genügend Licht auf das klägerische Grundstück dringt.
Sollte die gegenständliche Entscheidung ihre Leser dazu animieren, unter dem Eindruck der bevorstehenden Sommertage ihr Recht auf Licht gegenüber ihren Nachbarn ebenfalls im Klagsweg durchzusetzen, so sei darauf hingewiesen, dass eine Klage nach dem verfahrensgegenständlichen § 364 Abs 3 ABGB nur dann eingebracht werden kann, wenn ein Einigungsversuch vor dazu eingerichteten Schlichtungsstellen, vor dem Bezirksgericht oder einem Mediator gescheitert ist, andernfalls die Klage wegen (temporärer) Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen wäre.