Gesellschaftsrecht

Neue gesetzliche Bestimmungen: „Disqualifikation“ von Geschäftsführern

Mit 1. Jänner 2024 sind neue Regelungen (in Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben) in Kraft getreten, welche verhindern sollen, dass wegen bestimmter strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilte Personen als Geschäftsführer (bzw Vorstandsmitglieder) fungieren, wobei es um Verurteilungen zu einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe geht (Erheblichkeitsschwelle).

Entsprechende Regelungen finden sich im GmbH-Gesetz (§§ 15, 16a; auch anwendbar für die FlexKapG), im Aktiengesetz (§ 75), im Genossenschaftsgesetz (§ 15) sowie für die Europäische Aktiengesellschaft und die Europäische Genossenschaft. Im Firmenbuchgesetz wurden hierzu ebenfalls neue Bestimmungen ergänzt, welche u.a. eine Prüfung durch das Firmenbuchgericht vorsehen.

Die Liste der für eine solche „Disqualifikation“ in Betracht kommenden Delikte ist recht lang:

  • Betrug (§ 146 StGB)
  • Untreue (§ 153 StGB)
  • Geschenkannahme durch Machthaber (§ 153a StGB)
  • Förderungsmissbrauch (§ 153b StGB)
  • Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung (§ 153c StGB)
  • Betrügerisches Anmelden zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (§ 153d StGB)
  • Organisierte Schwarzarbeit (§ 153e StGB)
  • Betrügerische Krida (§ 156 StGB)
  • Schädigung fremder Gläubiger (§ 157 StGB)
  • Begünstigung eines Gläubigers (§ 158 StGB)
  • Grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§ 159 StGB)
  • Unvertretbare Darstellung wesentlicher Informationen über bestimmte Verbände (§ 163a StGB)
  • Geldwäscherei (§ 165 StGB)
  • Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabeverfahren (§ 168b StGB)
  • Ausgabenseitiger Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union (§ 168f StGB)
  • Missbräuchliche Verwendung von Mitteln und Vermögenswerten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union (§ 168g StGB)
  • Abgabenbetrug (§ 39 FinStrG)
  • Grenzüberschreitender Umsatzsteuerbetrug (§ 40 FinStrG)

Das gilt auch für eine derartige Verurteilung wegen einer ver­gleich­baren strafbaren Handlung durch ein ausländisches Gericht.

Das Gesetz sieht vor, dass solche Personen nicht zu Geschäftsführern/Vorstandsmitgliedern bestellt werden dürfen. Die Rechtsfolge der Disqualifikation endet (automatisch) drei Jahre nach Rechtskraft der Verurteilung.

Ist ein Geschäftsführer (bzw. Vorstandsmitglied) disqualifiziert, so hat er unverzüglich seinen Rücktritt zu erklären; dieser wird nach Ablauf von 14 Tagen wirksam. Ergänzend stehen auch Abberufungen (aus wichtigem Grund) zur Verfügung.

Eine Regelung des Firmenbuchgesetzes effektiviert dies weitergehend: Das Firmenbuchgericht hat die Gesellschaft aufzufordern, die disqualifizierte Person unverzüglich abzuberufen und erforderlichenfalls für einen anderen gesetzlichen Vertreter zu sorgen. Kommt die Gesellschaft dieser Aufforderung nicht binnen einer Frist von längstens zwei Monaten nach, so ist die disqualifizierte Person von Amts wegen zu löschen. Nach Rechtskraft des Löschungsbeschlusses und Ablauf einer Frist von 15 Tagen nach Eintragung der Löschung gilt die Person als abberufen.

Für die Praxis bedeutet das u.a.: Pro futuro werden Kapitalgesellschaften und Genossenschaften ein gesteigertes Interesse daran haben, Nachweise des Nichtvorliegens einer Disqualifikation vor den Organbestellungen zu erhalten. Sollte im konkreten Fall eine bedingte Nachsicht der Disqualifikation erfolgt sein (§ 44 Abs. 2 StGB), so wäre dies in der Firmenbuchanmeldung anzugeben und nachzuweisen (§ 19a Abs. 3 FBG).

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