Judikatur

OLG Wien 21. 1. 2025, 6 R 276/24p zur GmbH-Geschäftsanteilsabtretung

Eine rezente, im Rechtsinformationssystem des Bundes veröffentlichte Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien beschäftigte sich mit der Frage einer Geschäftsanteilsübertragung hinsichtlich einer österreichischen GmbH. Das Abtretungsangebot in Form eines in Österreich errichteten Notariatsakts sollte durch öffentliche Urkunde, errichtet von einem öffentlichen Notar des Fürstentums Liechtenstein, angenommen werden. Der öffentliche Notar des Fürstentums Liechtenstein (zugleich Rechtsanwalt in Liechtenstein mit abgelegter Eignungsprüfung in Österreich) war zudem bei der Firmenbuchanmeldung als einschreitender Rechtsanwalt in Erscheinung getreten.

Das Handelsgericht Wien lehnte die Änderung des Firmenbuchstandes ab. Im Rahmen des Rekurses verwies die GmbH – neben anderen rechtlichen Ausführungen – ua auf den Umstand, dass bei der Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexKapG) eine Übertragung von Geschäftsanteilen in Form einer Privaturkunde eines Notars oder Rechtsanwalts erfolgen kann (das FlexKapGG wurde somit – möglicherweise erstmals in einem gerichtlichen Verfahren – im Kontext der Formpflicht des § 76 Abs 2 GmbHG releviert). Zudem seien den Parteien die Rechtsfolgen ihrer Handlung auch nach österreichischem Recht umfassend erläutert worden.

Das OLG Wien behandelte die Frage eines Einschreitens des Notars als Rechtsanwalt und ortete in concreto eine Unwirksamkeit der Beurkundung in Österreich:

§ 7 Abs 1 NO bewirkt zwar kein Berufsverbot für österreichische Rechtsanwälte als liechtensteinische Notare, verhindert aber die Wirksamkeit vom österreichischen Recht geforderter notarieller Beurkundungen (zB bei Gründung einer österreichischen GmbH, der Anteilsübertragung an einer solchen, etc.) durch einen liechtensteinischen Notar mit gleichzeitiger Zulassung als österreichischer Rechtsanwalt.

Das Gericht qualifizierte die Beurkundungstätigkeit eines liechtensteinischen Notars, der zudem liechtensteinischer Rechtsanwalt mit in Österreich erfolgreich abgelegter Eignungsprüfung nach EIRAG ist und in Österreich als Rechtsanwalt auftritt, als unzureichend für ein Beurkundungserfordernis des österreichischen Rechts, denn es würde ein in Österreich tätiger Rechtsanwalt im Ergebnis doch die Notartätigkeit für Österreich ausüben.

Während Österreich somit eine strikte Trennung der Berufe des Notars und des Rechtsanwalts aufweist, kennt Liechtenstein das Konzept des Anwaltsnotars. Anzumerken ist, dass es in Liechtenstein ein Notariatswesen erst seit dem 1. 1. 2020 gibt.

Des Weiteren prüfte das OLG Wien die Frage der Gleichwertigkeit hinsichtlich der Urkundsperson und des Beglaubigungsvorgangs. Hierzu das OLG Wien:

Die Gleichwertigkeit der Urkundsperson richtet sich insbesondere danach, ob die ausländische Urkundsperson nach den Vorschriften des ausländischen Rechts dieselbe Sicherheit bietet wie die nach inländischer Vorschrift zuständige Beurkundungsperson und ob die ausländische Beurkundungsperson eine gleiche Qualifikation wie österreichische Notare aufweist (umfassende juristische Ausbildung, Unparteilichkeit, die Amtsführung unter Aufsicht stehend).

Und weiter:

Darüber hinaus kommt es wesentlich darauf an, ob die ausländischen Beurkundungsvorschriften mit jenen in Österreich vergleichbar und diesen gleichwertig sind: So ist zu prüfen, ob die ausländische Beurkundung den jeweiligen Formzweck (Warn-, Schutz-, Beweissicherungs- und Prüffunktion) zu erfüllen vermag, auf welchen die jeweilige österreichische Formvorschrift abzielt. Gleichwertigkeit setzt voraus, dass die ausländische Beurkundungsvorschrift eben solche Bestimmungen enthält, deren Einhaltung die österreichische Notariatsordnung als für das Zustandekommen einer öffentlichen Urkunde unerlässlich ansieht; dies gilt insbesondere, wenn die Formvorschrift auch eine rechtliche Belehrung gewährleisten soll …“

Sowohl hinsichtlich der Urkundsperson als auch hinsichtlich des Beglaubigungsvorgangs verneinte das OLG Wien – aufgrund einer Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen – eine entsprechende Gleichwertigkeit (siehe näher dazu in der Entscheidung des OLG Wien).

Auch der Hinweis auf das Recht der FlexKapG verfing nicht, handelte es sich doch – wie das OLG Wien lakonisch festhielt – nicht um eine FlexKapG.

Zum Thema siehe auch den Aufsatz von Christian Zib, Beurkundungen liechtensteinischer Anwaltsnotare im österreichischen Gesellschaftsrecht, NZ 2024/20, auf welchen in der OLG-Entscheidung ua verwiesen wird.

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