In den legal news vom 2. Februar 2021 berichteten wir von einer Provisionspflicht bei Scheitern der Vermittlungsbemühungen durch den Makler, falls später ein Vertragsabschluss doch noch zustande kommt. In einer Entscheidung vom 15. 9. 2020 (6 Ob 109/20b) hatte sich der OGH mit der umgekehrten Frage zu befassen, ob es einen Provisionsanspruch ohne Abschluss eines vermittelten Geschäfts gibt.
Was war passiert?
Der Mieter eines Geschäftslokals suchte einen Nachmieter und schaltete einen Immobilienmakler ein, der einen Interessenten fand. Ein typischer Sachverhalt der Praxis: Der Vormieter hat in der Regel (nur) Interesse am Erhalt der Ablöse, für den Interessenten ist neben der Ablöse auch sein künftiges Mietverhältnis entscheidend.
Nach dem Sachverhalt der höchstgerichtlichen Entscheidung versuchte der Immobilienmakler wohl auch eine entsprechende Berücksichtigung der Interessenlagen: Er übermittelte ein Formular für ein Ablöseanbot, wies aber darauf hin, dass ein neuer Mietvertrag fällig wird und führte dann offenbar im Begleitschreiben aus: „Dieses Anbot ist verbindlich, dh wenn der derzeitige Mieter gegenzeichnet, ist eine sogenannte Willenseinigung und damit ein rechtsgültiger Vertrag entstanden. Auch die Provisionszahlung ist damit verpflichtend. Es gibt eine weitere Ebene: Die Einigung mit der Hausverwaltung. Nach der Einigung über die Ablöse muss noch eine Einigung mit der Hausverwaltung herbeigeführt werden. Scheitert diese, ist der Vertrag für die Ablöse ungültig und es gibt auch keine Verpflichtung, uns eine Provision auszuzahlen“.
Vormieter und Interessent unterfertigten das Ablöseangebot, sodass insoweit die Vereinbarung zustande kam. Ein neuer Mietvertrag wurde nicht abgeschlossen, weil der Interessent offenbar aus wirtschaftlichen Gründen das Interesse verlor.
Gibt es eine Provisionspflicht?
- Die Vermittlung einer Ablösevereinbarung und eines Mietverhältnisses?
Der Immobilienmakler berief sich darauf, dass im Ablöseanbot nicht eine aufschiebende, sondern eine auflösende Bedingung dergestalt vereinbart gewesen sei, dass die Ablösevereinbarung (und damit die Provisionspflicht des Interessenten) mit der Annahme des Ablöseanbots durch den Vormieter rechtswirksam sei und nur dann beseitigt werde, wenn der abzuschließende Mietvertrag infolge Nichteinigung mit der Hausverwaltung nicht zustande kommen sollte.
Voraussetzung für den Provisionsanspruch nach § 7 MaklerG wäre gewesen, dass das vermittelte Geschäft tatsächlich auch zustande gekommen ist. Zutreffend vertrat der OGH jedoch die Ansicht, dass Gegenstand des Vermittlungsauftrags des Interessenten an den Immobilienmakler nicht bloß die Ablösevereinbarung, sondern auch der Mietvertrag über das Geschäftslokal war. Der Umfang des Vermittlungsauftrages war z.B. schon dadurch indiziert, dass der Vormieter in den Inseraten einen „Nachmieter“ und der Interessent ein „Geschäftslokal“ suchten.
Damit war aber das vermittelte Geschäft nicht zustande gekommen, sodass auch kein Provisionsanspruch erworben wurde.
Was wäre nun gewesen, wenn die Ablösevereinbarung keine ausdrückliche Bedingung gehabt hätte? Das Bestehen der Ablöseforderung wäre ein Fall der (ggf. ergänzenden) Vertragsauslegung (§§ 914 f. ABGB) anhand der konkreten Umstände. Käme man dabei zum Ergebnis, dass eine Ablösezahlung zu leisten wäre, so wird zwangsläufig eine haftungsbegründende Verletzung von Interessenwahrungs- und Aufklärungspflichten des Immobilienmaklers gegenüber dem Zahlungspflichtigen zu prüfen sein, insbesondere wenn die Ablösevereinbarung aus der Sphäre des Immobilienmaklers kam und keine entsprechende Bedingung vorsah.
- Provisionsvereinbarungen bei fehlendem Vermittlungserfolg?
Der Immobilienmakler stützte sich auch auf § 15 Abs. 1 Z. 1 MaklerG. Nach dieser Bestimmung ist eine Vereinbarung zulässig, wonach der Auftraggeber einen Betrag bis zur Höhe der vereinbarten oder ortsüblichen Provision leisten muss, wenn das im Maklervertrag bezeichnete Geschäft nicht zustande kommt,weil der Auftraggeber entgegen dem bisherigen Verhandlungsverlauf ohne beachtenswerten Grund den Abschluss unterlässt.
Beachtenswerte Gründe sind nach der Rechtsprechung etwa die Scheidung, der Tod eines Angehörigen und plötzliche gesundheitliche Probleme (OGH RIS-Justiz RS0118179). Der beachtenswerte Grund liegt u.a. vor, wenn der Grund bei objektiver Betrachtung für den Nichtabschluss verständlich ist. Nach begrüßenswerter Ansicht muss der beachtenswerte Grund aber nicht die Bedeutung eines wichtigen Grundes aufweisen, der zur vorzeitigen Auflösung von Dauerschuldverhältnissen herangezogen wird (Gartner/Karandi, MaklerG3 § 15 Rz 17). Um die Freiheit des Auftraggebers nämlich nicht zu sehr einzuschränken, dürfen nach Ansicht des OGH an die Gründe für die Verweigerung des Abschlusses, regelmäßig des Abschlusses des im Maklervertrag genannten Geschäfts, keine besonderen Anforderungen gestellt werden (Rn. 2.3.2. der OGH-Entscheidung).
Nun wurde dem Interessenten zunächst nur die Höhe des vom bisherigen Mieter bezahlten Mietzinses bekannt gegeben. Vom künftigen Mietzins sowie von der Dauer der Befristung erfuhr der Interessent erst einige Zeit nach Unterfertigung der Ablösevereinbarung. In der Folge stellte er noch Erkundigungen und wirtschaftliche Kalkulationen an und kam zu dem Ergebnis, dass – bei Gesamtbetrachtung der Ablöse, des Mietzinses und des Standorts – die Konditionen für ihn doch nicht wirtschaftlich seien.
Im Ergebnis judizierte der OGH, dass der Immobilienmakler bei dieser Sachlage nicht annehmen durfte, dass der Interessent sich mit Unterfertigung der Ablösevereinbarung noch vor erstmaliger Bekanntgabe des Mietzinses schon so weit binden wollte, dass eine spätere Verweigerung des Abschlusses des Mietvertrags gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Das Bestehen des Anspruchs nach § 15 Abs. 1 Z. 1 MaklerG wurde daher zutreffend verneint. Vereinfacht gesagt, war es ein beachtenswerter Grund, dass der Interessent eine wirtschaftliche Gesamtkalkulation aufgrund erst später erhaltenen Informationen vornehmen konnte.
Fazit:
Zusammenfassend zeigt sich, dass eine sorgfältige Vorbereitung durch den Immobilienmakler spätere Nachteile vermeiden kann. Der Sachverhalt der konkreten OGH-Entscheidung lässt zudem die Vermutung aufkommen, dass der Immobilienmakler die Vermittlung der Ablöse in den Vordergrund stellte. Besser wäre es wohl gewesen, hätte der Immobilienmakler dem Interessenten schon von Beginn an die Information zu den künftig relevanten Mietvertragskonditionen zur Verfügung stellen können.
Zudem sollte sich ein Immobilienmakler weitergehend mit dem Umstand befassen, dass eine Nutzung der durch die Ablöse erworbenen Wirtschaftsgüter vom Interessenten wohl regelmäßig nur dann gewollt bzw. möglich ist, wenn er entweder das Mietverhältnis durch Vertragsübernahme in geeigneter Form fortführen kann oder ein neuer Mietvertrag abgeschlossen werden muss.
Bei Abschluss der Ablösevereinbarung ist es auch nicht gänzlich ausgeschlossen, dass dieser Erwerbsvorgang als Unternehmenskauf qualifiziert wird. Das führt zwangsläufig zu Haftungsfragen zu Lasten des „Nachmieters“, z.B. für Altschulden des Vormieters, Steuer- und Abgabenschulden, sowie zu arbeitsrechtlichen und zu weiteren zivilrechtlichen Problemstellungen.
Abgesehen davon können besondere Herausforderungen bestehen, vor allem wenn das von der Ablösevereinbarung erfasste Vermögen nahezu das gesamte Gesellschaftsvermögen einer Kapitalgesellschaft darstellt. Einerseits stellen sich wiederum Haftungsfragen, doch vor allem müssen nach neuerer höchstgerichtlicher Rechtsprechung besondere Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die Ablösevereinbarung überhaupt rechtswirksam abgeschlossen werden kann (siehe dazu z.B. Milchrahm, Zustimmung der Gesellschafter bei Veräußerung des Unternehmens und bei Veräußerung des gesamten Vermögens. Glosse zu BGH 8.1.2019, II ZR 364/18, GesRZ 2019, 280).
In diesen und in vergleichbaren Konstellationen ist die Einhaltung der nach den Umständen des Einzelfalls bestehenden Interessenwahrungs- und Aufklärungspflichten des Immobilienmaklers zur Vermeidung einer Haftung besonders bedeutsam.