Bei Wohnungseigentumsanlagen sind nach dem gesetzlichen Aufteilungsschlüssel alle Aufwendungen für die Liegenschaft einschließlich der Beiträge zur Rücklage von den Wohnungseigentümern nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile bei Ende der Abrechnungsperiode zu tragen (§ 32 Abs 1 S 1 WEG). Ein von diesem gesetzlichen Leitbild abweichender Aufteilungsschlüssel kann von den Wohnungseigentümern nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer festgelegt werden, wobei eine derartige Vereinbarung zur Rechtswirksamkeit der Schriftform bedarf (§ 32 Abs 2 WEG). Aufgrund des zwingenden Charakters der Schriftform kann auch eine jahrelang gelebte, vom gesetzlichen Aufteilungsschlüssel abweichende Praxis der Wohnungseigentümer zu keiner rechtswirksamen Vereinbarung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels führen. (OGH 5 Ob 96/25s Rz6)
Auf Antrag eines Wohnungseigentümers kann jedoch das Gericht einen von der gesetzlichen Regelung abweichenden Aufteilungsschlüssel nach billigem Ermessen neu festsetzen. Dies allerdings nur dann, wenn erheblich unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten der Wohnungseigentümer bestehen (§ 32 Abs 5 2.Fall WEG). Diese Voraussetzung für das gerichtliche Einschreiten ist nicht nach subjektiven Kriterien, etwa der persönlichen Einschätzung durch den einen oder anderen Wohnungseigentümer zu beurteilen, sondern hängt nach der Rechtsprechung ausschließlich von der objektiven Nutzungsmöglichkeit ab (RS 0083193; RS 0083101 [T 4] sowie RS 0083087).
Vor allem bei Reihenhäusern und Einzelhäusern im Wohnungseigentum, die in die Jahre gekommen sind, zeigt sich oft, dass der gesetzliche Aufteilungsschlüssel von vielen Wohnungseigentümern als nicht sachgerecht empfunden wird. Dies vor allem dann, wenn Erhaltungsmaßnahmen an der Fassade, den Fenstern und Eingangstüren oder am Dach des einen oder anderen Reihenhauses anfallen, sind diese doch von allen Wohnungseigentümern nach Maßgabe von deren Miteigentumsanteilen zu tragen.
Ein derartiger Sachverhalt lag auch der gegenständlichen OGH-Entscheidung zu Grunde. Die große Mehrzahl der Wohnungseigentümer einer aus 87 (!) Reihenhäusern bestehenden Wohnungseigentumsanlage begehrte einen abweichenden Aufteilungsschlüssel betreffend Aufwendungen für die (über eine Reparatur hinausgehende) Erneuerung von Fenstern, Fenster- und Eingangstüren der einzelnen Wohnungseigentumsobjekte samt Fenster- und Türstöcken, Verglasungen, Beschlägen und Zylinder, weiters für die Erneuerung von Glasscheiben, die durch Gewalteinwirkung von außen (einschließlich Wind und Naturereignissen) beschädigt wurden und letztlich für die gesamte Erhaltung einschließlich der Erneuerung der vor diesen Fenstern und Türen befindlichen Abstreifgitter und Einrichtungen zur Beschattung oder zum Insektenschutz. All diese Aufwendungen sollten künftig ausschließlich von den Eigentümern der jeweiligen Wohnungseigentumsobjekte getragen werden.Die Antragsteller fanden mit ihrem Anliegen im Ergebnis kein Gehör. Das Höchstgericht kam – nach dem klaren Gesetzeswortlaut wenig überraschend – zum Ergebnis, dass es an der (für die gerichtliche Festsetzung eines vom Gesetz abweichenden Aufteilungsschlüssels) notwendigen Voraussetzung der erheblich unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeit mangelt. Dem Argument der Antragsteller, wonach für Reihenhäuser im Wohnungseigentum Abweichendes zu gelten habe, da § 32 Abs 5 WEG in seinem Anwendungsbereich teleologisch zu reduzieren sei, folgte der OGH nicht.
Es ist daher ratsam, insbesondere beim Erwerb eines Reihenhauses oder eines Einzelgebäudes im Wohnungseigentum den Wohnungseigentumsvertrag genau zu studieren und, falls notwendig, darauf zu dringen, dass mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer eine abweichende Regelung vom gesetzlichen Leitbild über die Tragung von Aufwendungen in Schriftform getroffen wird.





