Während bei Sachversicherungen der Versicherungsvertrag durch den Tod des Versicherungsnehmers auf die Verlassenschaft übergeht, tritt bei der Lebensversicherung – dem Zweck entsprechend – der Leistungsfall ein. Folglich hat die Versicherung die Versicherungssumme an den bzw. die Bezugsberechtigten auszuzahlen. Bei namentlicher Nennung im Versicherungsvertrag oder in einer letztwilligen Verfügung ergeben sich kaum Probleme. Doch nicht selten lautet das Bezugsrecht auf die Versicherungssumme schlicht und einfach auf „die Erben“. Wie kommen diese „Erben“ nun zur von der Versicherung geschuldeten Leistungssumme? Problematisch sind insbesondere Fälle einer überschuldeten Verlassenschaft, die in aller Regel ohne Einantwortung und somit auch ohne einen die Erbenstellung bestätigenden Beschluss auskommen müssen.
Doch zunächst der Reihe nach: § 532 ABGB besagt, dass diejenige Person, der das Erbrecht gebührt, Erbe genannt wird. Der Erwerb der Erbschaft, unabhängig davon, welcher Berufungsgrund (Erbvertrag, letztwillige Verfügung oder Gesetz) vorliegt, erfolgt im Rahmen des durch den Gerichtskommissär geführten Verlassenschaftsverfahrens durch die Einantwortung. Bis dahin ist man somit genau genommen nur „berufener“ Erbe.
In Fällen, in denen die Verlassenschaft überschuldet ist, somit mehr Passiva als Aktiva vorliegen, wird in der Regel kein potenzieller Erbe eine Erbantrittserklärung abgeben – wer will schon Schulden erben? Das Verlassenschaftsverfahren wird dann, ohne je einen Erben hervorgebracht zu haben, entsprechend den §§ 153 ff AußStrG abgewickelt. D.h. die Abhandlung unterbleibt bei Bagatellverlassenschaften (Aktiva bis EUR 5.000) oder aber es kommt zu einer Überlassung der Aktiva an Zahlungs statt. Auch an ein Verlassenschaftsinsolvenzverfahren ist zu denken.
Würde die Lebensversicherung in die Verlassenschaft fallen, so könnten die Gläubiger durch diese (zumindest teilweise) Befriedigung finden. Der OGH hat aber, zum Glück für die Bezugsberechtigten, bereits vor Jahren (7 Ob 622/95) ausgesprochen, dass der Begünstigte seinen Anspruch auf Zahlung der Versicherungssumme unmittelbar aus dem Versicherungsvertrag und nicht aus der Verlassenschaft erhält. In die Verlassenschaft fällt der geschuldete Versicherungsbetrag nur dann, wenn der verstorbene Versicherungsnehmer über die Versicherungssumme nicht verfügt hat. Hat er hingegen einen oder mehrere Begünstigte benannt, so ist die Versicherungssumme nicht Teil der Verlassenschaft und die Gläubiger können darauf nicht zugreifen.
Da aber die Erbschaft in aller Regel aufgrund der Überschuldung ausgeschlagen wird und es zu keiner Einantwortung kommt, hat sich der OGH kürzlich auch mit der Frage auseinanderzusetzen gehabt, wie mit dem auf „die Erben“ lautenden Bezugsrecht zu verfahren ist. In der im Februar 2021 veröffentlichten Entscheidung 2 Ob 73/20d sprach der Fachsenat des OGH dazu aus, dass wenn die Erben nicht näher konkretisiert sind (zB eingeantwortete Erben), gemäß § 167 Abs 2 VersVG im Zweifel diejenigen, welche zur Zeit des Todes als Erben berufen sind, nach dem Verhältnis ihrer Erbteile bezugsberechtigt sind. Auf die Einantwortung kommt es dabei aufgrund des Erblasserwillens nicht an. Vielmehr wird fingiert, dass der die Erbschaft Ausschlagende weiterhin Erbe ist.
Da das Bezugsrecht somit denjenigen zusteht, die im Zeitpunkt des Todes des Versicherungsnehmers zu Erben berufen sind, ist auch ein Vorgehen nach den §§ 153 ff AußStrG (keine Verlassenschaftsabhandlung) für den/die Bezugsberechtigten unschädlich.
Praktisch stellt sich aber die leidliche Frage, wie „die Erben“ zu einem Nachweis ihrer „Erbenstellung“ für die Versicherung zur Auszahlung der Versicherungssumme gelangen. Einen die Erbenstellung bestätigenden Beschluss, wie er bei der Einantwortung vorliegt, gibt es ja schließlich nicht. Daher bieten sich Amtsbestätigungen an, mit denen insbesondere das Verlassenschaftsgericht (§ 186 Abs 1 AußStrG), alternativ aber auch der Gerichtskommissär (§ 89b NO) die Stellung als (berufener) Erbe bestätigt. Dabei ist zu bedenken, dass die Bestätigung nach § 89b NO mit Kosten verbunden ist. Um spätere Ärgernisse zu vermeiden, wird für diesen Fall angeraten, vor Beauftragung des Gerichtskommissärs sowohl mit der Versicherung als auch mit diesem in Kontakt zu treten.