Die anhaltende Inflation führt bei indexangepassten Verträgen zu laufenden Zinsanpassungen. Für zuletzt wiederkehrende Diskussionen sorgen hierbei die Wertanpassungsklauseln in Mietverträgen.
Gerade vor diesem Hintergrund wirkt die 12. Klauselentscheidung des OGH vom 21.03.2023 zu 2Ob36/23t wie ein Paukenschlag, hebt sie eine bisher in vielen Vertragsmustern gängige Wertsicherungsklausel im Verbrauchervertrag doch als unzulässig auf.
Gegenstand ist folgende Klausel: „Der Nettomietzins von € […] wird auf den vom österreichischen Statistischen Zentralamt verlautbarten Index der Verbraucherpreise 1976 wertbezogen. Sollte dieser Index nicht verlautbart werden, gilt jener als Grundlage für die Wertsicherung, der diesem Index am meisten entspricht.“
Zwei Aspekte an dieser Klausel veranlassten den OGH, sie als unzulässig zu bewerten:
Erstens genügt sie den Erfordernissen des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG nicht, wonach neben der sachlichen Rechtfertigung der für die Entgeltänderung maßgeblichen Umstände folgende Voraussetzungen erfüllt sein müssen: Zweiseitigkeit, Festlegung im Vertrag und Unabhängigkeit vom Willen des Unternehmers. Letzteres Kriterium erfüllt die Klausel nicht.
Die Nachfolgeregelung, die sich auf einen Index bezieht, der dem ursprünglich Vereinbarten am ehesten entspricht, ist vor diesem Hintergrund laut OGH zu unbestimmt, weil sich aus ihr keine nähere Aussage entnehmen lässt, nach welchem objektiven Kriterium zu beurteilen ist, welcher Index dem Verbraucherpreisindex denn nun „am meisten entspricht“. Zweck des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG ist es nämlich den Verbraucher vor überraschenden Preiserhöhungen zu schützen (vgl. RIS-Justiz: RS0124336), was die genannte Klausel bei kundenfeindlichster Auslegung laut OGH nicht gewährleistet.
Zweitens verstößt die Klausel gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG, da nach der kundenfeindlichsten Auslegung schon innerhalb der ersten zwei Monate ab Vertragsabschluss eine Entgeltänderung eintreten könnte. Diese Position hat der OGH im Rahmen einer Verbandsklage schon einmal in Bezug auf einen Leasingvertrag vertreten (vgl. OGH vom 17.11.2009, 1Ob81/09g, Klausel 11).
Welche Bestandverträge sind betroffen?
Der Entscheidung lagen Verbrauchermietverträge im Teilanwendungsbereich gem.
§ 1 Abs 4 MRG zugrunde. Es gilt jedoch zu beachten, dass die Wertanpassung des Hauptmietzinses immer eine Wertsicherungsvereinbarung voraussetzt. Weder die Anpassung der gesetzlichen Höchstsätze für die einzelnen Ausstattungskategorien noch die Erhöhung der Richtwerte im Vollanwendungsbereich reichen allein für die Erhöhung des Hauptmietzinses aus.
Die Entscheidung ist daher für Wertsicherungsklauseln in sämtlichen Verbrauchergeschäften relevant. Bezogen auf das Bestandrecht sohin auf alle, bei welchen der Bestandgeber Unternehmer ist und das Bestandverhältnis zum Betrieb seines Unternehmens gehört, während dies für den Bestandnehmer nicht gilt. Die Beweislast, dass seitens des Bestandgebers ein Privatgeschäft vorliegt, trifft diesen. Als Faustregel gilt, dass ab der Vermietung von 5 Bestandobjekten durch eine natürliche Person diese im Zweifel als Unternehmer anzusehen ist (vgl. RIS-Justiz: RS0065394).
Kurioserweise trifft es nun im Besonderen auch den frei finanzierten Neubau, der aufgrund der höheren Investitionen auf Bestandgeberseite von den Mietzinsregelungen des MRG ausgenommen ist. Problematisch ist dies gerade bei unbefristeten Bestandverträgen, bei denen es sich darüber hinaus um Verbrauchergeschäfte handelt. Hier wird eine Mietzinsanpassung auf Basis der oben zitierten Wertsicherungsklausel nicht mehr möglich sein. Der von Beginn an vereinbarte Bestandzins ist eingefroren.
Was haben Vertragserrichter zukünftig zu beachten?
Orientierung kann eine ähnliche, wenn auch nicht idente Wertsicherungsklausel bieten, die in der 9. Klauselentscheidung durch den OGH am 25.04.2019 zu 6Ob226/18f für zulässig erachtet wurde.
Es handelt sich um folgende Klausel: „Es wird Wertbeständigkeit des Hauptmietzinses (des Entgeltes für mitvermietete Einrichtungsgegenstände und sonstige Leistungen) nach dem von Statistik Austria monatlich verlautbarten Verbraucherpreisindex 2010 oder dem an seine Stelle tretenden Index vereinbart. Ausgangsbasis für diese Wertsicherung ist die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zuletzt verlautbarte Indexzahl…“
Im Gegensatz zu der als unzulässig angesehene Klausel wird konkret normiert, dass der an die Stelle des Verbraucherpreisindex tretende Index als vereinbart gilt, sollte der ursprüngliche Index nicht mehr verlautbart werden. Diese Formulierung stellt eine Regelung dar, die vom Willen des Unternehmers unabhängig ist.
Um den Erfordernissen des § 6 Abs 2 Z 4 KSchG zu genügen, wäre noch zu ergänzen, dass eine etwaige Änderung des Bestandzinses frühestens nach dem Ablauf von 2 Monaten ab Vertragsabschluss erfolgen kann. Interessanterweise sah der OGH diese Problematik in seiner Entscheidung von 2019 noch nicht.
Fazit:
Mit seiner 12. mietrechtlichen Klauselentscheidung hat der OGH in der politischen Debatte über die Einführung einer Mietzinsbremse Fakten geschaffen. In vielen Bestandverträgen sind die Bestandzinsen nun eingefroren und das auch rückwirkend. Bestandnehmer und Bestandgeber haben jetzt allen Grund aktiv zu werden und ihre Mietverträge bei der Rechtsanwaltskanzlei ihres Vertrauens überprüfen zu lassen, wenn auch aus unterschiedlicher Motivation heraus.