Seit 1. Jänner 2024 gibt es in Österreich die Möglichkeit, eine „Flexible Kapitalgesellschaft“ zu gründen, welche einige Vorteile gegenüber der Rechtsform der GmbH aufweisen soll. Entsprechend ist die relativ kurz gefasste gesetzliche Grundlage, das FlexKapGG, darauf bedacht, nur einige Regelungen für eine größere Flexibilität zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen sollte das bewährte GmbH-Recht zur Anwendung gelangen (siehe § 1 Abs. 2 FlexKapGG).
Die Rechnung ist nicht ganz aufgegangen, denn das FlexKapGG weist einige Ungereimtheiten auf, welche der Gesetzgeber zumeist übersehen haben dürfte; möglicherweise wurde in einigen Fällen auch der Geschwindigkeit der Gesetzwerdung der Vorzug gegeben.
An dieser Stelle sei eine Regelung, welche verbreitet als ein wesentlicher Nachteil der FlexKapG bezeichnet wird, herausgegriffen: § 6 FlexKapGG ordnet eine zusätzliche Aufsichtsratspflicht an, soweit es sich zumindest um eine mittelgroße Gesellschaft im Sinne des Rechnungslegungsrechts (§ 221 Abs 2 und 4 UGB) handelt.
Der gewählte Ansatzpunkt für die Aufsichtsratspflicht mag zwar bei oberflächlicher Betrachtung geeignet erscheinen, eine nähere Betrachtung wirft aber Zweifel auf:
- 221 UGB stellt im Wesentlichen auf die Überschreitung von Schwellenwerten zu Stichtagen ab. Maßgeblich sind Bilanzsumme, Umsatzerlöse und Arbeitnehmerzahl. Bei den ersten zwei handelt es sich um Zahlen aus der Bilanz bzw. dem Jahresabschluss.
- Wenn die Aufsichtsratspflicht im folgenden Geschäftsjahr eintreten soll, würde dies bei Übereinstimmung des Geschäftsjahres mit dem Kalenderjahr theoretisch bedeuten, dass eine Aufsichtsratspflicht mit 1. Jänner eintreten könnte. Zu diesem Zeitpunkt muss aber noch keine Bilanz vorliegen und die relevanten Zahlen müssen noch nicht bekannt sein.
- Während das Konzept für das Rechnungslegungsrecht stimmig ist (es ist möglich, rechtzeitig zu erfahren, was für den nächsten Jahresabschluss zu beachten sein wird), passt der Verweis für das Eingreifen einer Aufsichtsratspflicht nicht.
- Plausibel wäre zwar, auf die Feststellung des Jahresabschlusses abzustellen, wofür das Gesetz eine Frist von acht Monaten nach Ende des Geschäftsjahres vorsieht (§ 35 Abs. 1 Z. 1 GmbHG i.V.m. § 1 Abs. 2 FlexKapGG), doch damit sind noch nicht alle Probleme gelöst.
- Denn es stellt sich die Frage, was zu geschehen hätte (und welche Personen eine Handhabe hätten), falls der Jahresabschluss nicht auf- und festgestellt würde. Dann kann es durchaus Zweifel geben, ob Schwellenwerte über- oder unterschritten werden und ob eine Aufsichtsratspflicht eingreift oder wegfällt.
Diese Fragen wurden in der Literatur – soweit überblickbar – noch nicht behandelt. Dazu und zu weiteren Themenstellungen hinsichtlich der Aufsichtsratspflicht der FlexKapGG siehe die demnächst erscheinende Kommentierung des § 6 FlexKapGG im Wiener Kommentar zum GmbHG (mit FlexKapGG).