Der OGH beschäftigte sich in der Entscheidung vom 25.3.2014, 9 Ob 68/13k, erstmalig mit der Problemstellung der verdeckten Sacheinlage bei Aktiengesellschaften.
Die Entscheidung hat für die (konzern-)rechtliche Praxis große Bedeutung und zeigt wiederum eine (weitere) Grenze bei Vermögenstransaktionen innerhalb verbundener Unternehmen bzw von Unternehmen mit ihren (mittelbaren) Gesellschaftern auf und wird daher ausführlich von Dr. Rauter in der jüngsten Ausgabe der JAP 2014/2015/4 besprochen.
Das AktG ermöglicht eine Sachgründung bzw Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen bei Einhaltung besonderer, gesetzlich zwingender Offenlegungs- und Prüfungs-pflichten (vgl §§ 20, 150 AktG). Zwangsläufig besteht die Gefahr, dass diese zwingenden Vorschriften umgangen werden; der häufigste Fall ist wohl, dass ein Aktionär im Rahmen der Gründung oder Kapitalerhöhung zwar eine Sacheinlage leisten wollte, doch verpflichtet er sich formell lediglich zu einer Bareinlage, während nach Einzahlung der Bareinlage die Gesellschaftmit der Bareinlage die Sache vom Aktionär erwirbt (siehe Rauter, JAP 2014/2015/4 und Schopper, NZ 2009/67 [259ff]).
Die Rechtsfolgen der Qualifikation als verdeckte Sacheinlage sind dabei beträchtlich und führen iaR zu schmerzhaften Ergebnissen für die betroffenen Aktionäre, insbesondere
– weil der Aktionär die Bareinlage nochmals leisten muss, da die ursprüngliche Zahlung der Bareinlage (welche später für den Erwerb der Sache verwendet wurde) nicht schuldbefreiend war;
– weil die Bareinlage zur Gänze nochmals geleistet werden muss, da es nach dem OGH nicht auf den Saldo zwischen dem Wert der seinerzeitig erworbenen Sache und der Bareinlage nach Art einer Differenzhaftung ankommt (Punkt 2.11 des zit Urteils).
Das Rechtsgeschäft der Gesellschaft mit dem Aktionär über den Erwerb der Sache könnte dann nach Teilen der Literatur (vgl Rauter, JAP 2014/2015/4 mwN; aA aber OGH 6 Ob 132/00f für die GmbH) rechtsunwirksam sein und führe dann zu wechselseitigen (bereicherungsrechtlichen) Rückabwicklungsansprüchen.
Ein besonderer Härtefall für den Aktionär kann sich in der Insolvenz der Aktiengesellschaft verwirklichen,
– wenn der Aktionär die schon geleistete Bareinlage nochmals einzahlen muss und damit nur die Insolvenzmasse, die zur Verteilung an die Gläubiger herangezogen wird, vermehrt wird,
– wenn eine allfällige bereicherungsrechtliche Rückabwicklung des Rechtsgeschäfts aufgrund insolvenzrechtlicher Bestimmungen zu Lasten des Aktionärs ausgeht, etwa weil sein Anspruch lediglich als Konkursforderung qualifiziert wird.
Im konkreten Fall bestand überdies die Besonderheit, dass bei einer österreichischen Aktiengesellschaft W eine Kapitalerhöhung erfolgte und die erhaltene Bareinlage von der W für eine weitere Kapitalerhöhung bei der italienischen A, einer Tochtergesellschaft der W, verwendet wurde. Die A wiederum verwendete die Mittel aus ihrer eigenen Kapitalerhöhung dafür, von jenen Aktionären der W, die die Kapitalerhöhung der W zeichneten, ein Unternehmen zu erwerben; die A wurde also zwischengeschaltet. Für den OGH machte dieser Umstand aber keinen Unterschied, sodass die Kapitalerhöhung der W wegen Erwerbs des Unternehmens durch die italienische A (!) als verdeckte Sacheinlage qualifiziert wurde.
Unerwähnt – weil nicht entscheidungserheblich – verbleibt aber die Frage nach dem rechtlichen Schicksal des Rechtsgeschäfts zwischen italienischer A und den Aktionären der W. Wohl unstrittig ist, dass das Rechtsgeschäft wegen Verletzung der Sachgründungsvorschriften nichtig (rechtsunwirksam) wäre, wenn eine österreichische, kapitalerhöhende Gesellschaft selbst mit dem (dann eigenen) Aktionär abschließt und österreichisches Recht anwendbar wäre. Ungeklärt ist aber, ob und bejahendenfalls unter welchen Voraussetzungen die Nichtigkeitsfolge auch das Rechtsgeschäft einer zwischengeschalteten Gesellschaft, die als Erwerber auftritt, erfasst. Im konkreten Fall stellt sich diese Problemstellung freilich noch verschärft, da eine italienische Gesellschaft als Erwerberin auftrat.
Bei Transaktionen im Konzern bzw mit Konzernaktionären ist daher – abgesehen von der Einhaltung der Grenzen des Verbotes der Einlagenrückgewähr (§ 82 GmbHG, § 52 AktG) – eine Bedachtnahme auf die Gefahr einer verdeckten Sacheinlage/verdeckten Sachgründung zwingend. Bei Bestehen von Zweifeln, ob eine verdeckte Sacheinlage/Sachgründung vorliegen könnte, erscheint die Einholung eines Rechtsrats durch die Gesellschaftsorgane aus Sorgfaltsgründen daher unerlässlich. Bei Gefahr einer verdeckten Sacheinlage/Sachgründung müssen adäquate, rechtlich zulässige Alternativgestaltungen herangezogen werden.