Unternehmensrecht

Altbekannt, aber oft übersehen: Die Mängelrüge

Im Falle von beiderseitig unternehmensbezogenen Geschäften besteht bei Kaufverträgen (sowie Werk- und Tauschverträgen über körperliche bewegliche Sachen) die Obliegenheit, Mängel binnen angemessener Frist anzuzeigen. Die Länge der „angemessenen Frist“ hängt allerdings vom Einzelfall – insbesondere auch der Ware (bspw. Frischware vs. Konserven) – ab. Um den Mangel zu erkennen, bedarf es freilich erst einer Untersuchung der Ware, wobei das Gesetz (§ 377 UGB) auf den ordnungsgemäßen Geschäftsgang Bezug nimmt. Im Zweifel wird aber eine Frist von 14 Tagen ab Übergabe angenommen. Sollte es ein Mangel sein, der im Rahmen einer gehörigen Untersuchung nicht entdeckt werden kann und somit ein sogenannter verborgener Mangel vorliegen, so ist dieser nach Hervorkommen anzuzeigen, und zwar auch hier im Zweifel binnen 14 Tagen (ab Hervorkommen des Mangels).

Erfolgt innerhalb dieser Frist keine Anzeige, so hat dies zur Konsequenz, dass sowohl Ansprüche auf Gewährleistung, als auch auf Schadenersatz wegen des Mangels selbst sowie aus Irrtum über die Mangelfreiheit verlustig gehen. Die überwiegende Lehre vertritt, dass darüber hinaus Ansprüche aus der laesio enormis nicht mehr zustehen.

Gerügt werden müssen nicht nur Mängel an der Ware selbst. Auch im Falle der Lieferung falscher Waren sowie einer falschen Menge an Waren besteht eine Mängelrügeobliegenheit, sofern diese aufgrund ihres dispositiven Charakters nicht vertraglich modifiziert wurde. In Fällen, in denen eine Genehmigungsfähigkeit ausgeschlossen ist sowie wenn der Verkäufer den Mangel vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht oder verschwiegen hat, schadet das Unterlassen der Mängelrüge hingegen nicht.

In der Entscheidung 2 Ob 145/21v des Obersten Gerichtshofs schloss der Prokurist der Klägerin aus einer Rückrufaktion des Generalimporteurs auf das Vorliegen eines Mangels. Anstatt diesen der Verkäuferin anzuzeigen, übergab er die Angelegenheit seinem Anwalt, der etwa sechs Wochen nach Einlangen des Rückrufschreibens bei der Klägerin Klage erhob. Das Höchstgericht bestätigte die Ansicht der Vorinstanzen, dass dadurch die angemessene Frist zur Rüge versäumt wurde. Aufgrund der Tatsache, dass der Mangel aufgrund der Rückrufaktion bekannt war, habe es auch keiner Untersuchung bedurft. Ausführungen in der Revision, dass die Frist aufgrund der angemessenen Untersuchungsfrist noch nicht versäumt war, gingen daher fehl. Ebenso die Argumentation, dass die Beklagte aufgrund der auch ihr bekannten Rückrufaktion eine nachvertragliche Pflicht zur Aufklärung über den Mangel verletzt habe und sie sich daher nicht auf die verletzte Rügeobliegenheit berufen könne. Der Oberste Gerichtshof stellte klar, dass ab Kenntnis der Klägerin vom Mangel ein Verschweigen der Verkäuferin nicht mehr in Betracht kommt. Es wäre daher im Zweifel binnen 14 Tagen ab Information über die Rückholaktion zu rügen gewesen.

Abschließend kann jedem einen Warenkauf abschließenden Unternehmer, der die Mängelrüge vertraglich nicht abbedungen hat, nur folgender Rat mitgegeben werden: Um auf der sicheren Seite zu sein, ist im Zweifel lieber einmal zu viel als einmal zu wenig substantiiert zu rügen, um negative Konsequenzen in Form eines Anspruchsverlustes zu vermeiden.

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