Gewerberecht

Zur Betätigungspflicht des gewerberechtlichen Geschäftsführers – OGH vom 18. November 2022, 6 Ob 182/22s

Wenn eine Gesellschaft ein Gewerbe ausübt, hat sie der Gewerbebehörde gegenüber einen gewerberechtlichen Geschäftsführer namhaft zu machen. Dieser hat sich im Betrieb „entsprechend zu betätigen“ (§ 39 Abs 2 und 3 GewO 1994). Darunter ist nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung eine Tätigkeit zu verstehen, die es dem gewerberechtlichen Geschäftsführer ermöglicht, die gewerberechtliche Tätigkeit des Betriebes ausreichend zu beobachten und zu kontrollieren (RS 0016760 [T4]; 7 Ob 135/03h).
Der Zweck dieser Norm zielt auf die Sicherung der Allgemeinheit, insbesondere der Geschäftspartner der Gesellschaft vor den nachteiligen Folgen des Fehlens eines sich entsprechend im Betrieb betätigenden gewerberechtlichen Geschäftsführers (Rz 8 von 6 Ob 182/22s mwN). Wird daher ein Anstellungs- oder sonstiges Beschäftigungsverhältnis zwischen dem gewerberechtlichen Geschäftsführer und der gewerbeausübenden Gesellschaft nur vorgetäuscht, hat dies die Ungültigkeit der zwischen dem vorgeschobenen gewerberechtlichen Geschäftsführer und der Gesellschaft getroffenen Vereinbarung zur Folge.
Es kommt in der Praxis nicht selten vor, dass jemand nur seine fachliche Befähigung zur Ausübung einer Gewerbeberechtigung einer Gesellschaft gegen Entgelt zur Verfügung stellt, ohne sich dann aber mit der erforderlichen, von den konkreten Verhältnissen im Betrieb, insbesondere von der Art und dem Umfang des Betriebes abhängigen Intensität der Kontrolle der Betriebsabläufe zu widmen. Aufgrund der Nichtigkeit einer derartigen Vereinbarung steht dem vorgeschobenen gewerberechtlichen Geschäftsführer das vereinbarte Entgelt nicht zu.
Dies musste im gegenständlichen Fall ein Baumeister, der in dem von ihm betriebenen Einzelunternehmen in Vollzeit tätig war, zur Kenntnis nehmen. Er hatte einer Bauträgergesellschaft seine Gewerbeberechtigung für das Bauträgergewerbe zur Verfügung gestellt, wobei ihm als Gegenleistung in einer schriftlichen Vereinbarung die Beauftragung mit der Planung und/oder Bauleitung bei allen künftigen Bauvorhaben der Bauträgergesellschaft zugesagt wurde. Nachdem diese Zusage von der Bauträgergesellschaft bei zwei konkreten Bauvorhaben nicht eingehalten wurde, der Baumeister also weder für die Planung noch für die Bauleitung herangezogen wurde, klagte er auf Zahlung des Honorars in Höhe von über EUR 154.000,00. Seine Klage blieb in allen drei Instanzen erfolglos. So konnte er vor dem Höchstgericht auch mit dem Hinweis auf die im schriftlichen Vertrag (in Wahrheit rein formal) übernommene Verpflichtung, die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften zu überwachen, nicht reüssieren, war doch nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien gar keine tatsächliche Überwachungs- und Kontrolltätigkeit des Klägers als gewerberechtlicher Geschäftsführer beabsichtigt.

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