Gewährleistungsrecht

Gewährleistungsausschluss (IV) – Kaufvertrag zwischen Privaten über Gebrauchtwagen – OGH vom 04.04.2024, 4 Ob 215/23f

Die bisherigen Beiträge dieser Serie behandelten jeweils Fälle, die durch (zumindest teilweise) unwirksame Gewährleistungsausschlüsse gekennzeichnet waren. Der hier gegenständliche Fall bildet im Gegensatz dazu einen wirksamen Gewährleistungsausschluss ab.

Der zugrundeliegende Sachverhalt betrifft abermals einen Gebrauchtwagenkauf zwischen Privaten.

Der klagende Käufer machte mehrere Mängel geltend: die tatsächliche Laufleistung war um ca 25.000 km höher als durch den Tachometer ausgewiesen, die Rückleuchten waren defekt und litt das Vehikel unter Ölverlust.

Der beklagte Verkäufer wendete ein, dass ein wirksamer Gewährleistungsausschluss vereinbart worden war. Die darauf bezogene konkrete Formulierung lautete wie folgt:

Das […] Fahrzeug wurde vom Käufer besichtigt und wird in dem Zustand verkauft bzw. gekauft, wie es liegt und steht. Der Verkäufer übernimmt keine Haftung für eine bestimmte Beschaffenheit des Fahrzeuges und auch keine Gewährleistung für etwa vorhandene oder allenfalls später hervorkommende Mängel irgendwelcher Art.“

Zentrales Kriterium bei der Beurteilung dieses Rechtsfalles war die Verkehrs- und Betriebssicherheit des kaufgegenständlichen Fahrzeuges. Diese kann ausdrücklich vereinbart werden, was allerdings die Ausnahme darstellt. In der Praxis ist hingegen im Streitfall regelmäßig zu beurteilen, ob die Verkehrs- und Betriebssicherheit schlüssig zugesichert worden ist.

Ob eine solche Zusicherung vorliegt, ist anhand der Auslegung von Willenserklärungen zu ermitteln. Dabei kommt es vorliegend vor allem auf zwei Aspekte an: Einerseits spielt der objektive Empfängerhorizont eine zentrale Rolle: Wie muss ein objektiver Dritter nach der Verkehrsauffassung anstelle des Erklärungsempfängers die Willenserklärung verstehen? Andererseits ist bei der Beurteilung nicht nur der Vertragstext als solcher zu berücksichtigen, sondern sind auch Begleitumstände belangvoll.

Beim Gebrauchtwagenkauf im Verbrauchergeschäft mit typischer Rollenverteilung, das heißt beim Verkauf durch einen Händler an einen Privaten, fokussiert sich die Rechtsprechung auf die Verkehrsauffassung: Sofern die Vertragsauslegung ergibt, dass der Gebrauchtwagen als Vehikel zur Fortbewegung im Straßenverkehr erworben wird, wird grundsätzlich von einer schlüssigen Zusicherung der Verkehrs- und Betriebssicherheit ausgegangen. Begründet wird diese Ansicht damit, dass ein privater Käufer bei einem Erwerb von einem Händler schlicht damit rechnen darf, dass der Gebrauchtwagen auch verkehrs- und betriebssicher ist (siehe nur OGH 8 Ob19/12w).

Bei einem Gebrauchtwagenkauf unter Privaten besteht eine solche Verkehrsauffassung nach der Rechtsprechung nicht. Es wird hier daher gerade nicht „standardmäßig“ von einer schlüssigen Zusicherung der Verkehrs- und Betriebssicherheit ausgegangen. Eine solche ergibt sich trotz in den Kaufvertrag aufgenommenen Gewährleistungsausschlusses vielmehr erst dann, wenn entsprechende Begleitumstände darauf hindeuten; diese können etwa in der Bewerbung mit „de facto neuwertig“, „einwandfrei“, tadelloser Zustand“ oä liegen.

Rechtstechnisch wird dabei durch das Hinzutreten der genannten Begleitumstände der in den Vertragstext aufgenommene (typischerweise vollumfängliche) Gewährleistungsausschluss restriktiv ausgelegt, sodass dieser nach der Rechtsprechung schlüssig zugesicherte Eigenschaften (wie etwa die Verkehrs- und Betriebssicherheit) nicht erfasst.

Weil der Verkäufer im gegenständlichen Fall keinen entsprechenden Begleitumstand zu vertreten hatte, leistete dieser vorliegend keinerlei Gewähr für das mangelhaft übergebene Fahrzeug.

Hinweis für die Praxis:

Bei Gebrauchtwagenkäufen zwischen Privaten ist im erhöhten Maße auf Begleitumstände zu achten, die einen textlichen Gewährleistungsausschluss zuwiderlaufen können.

 

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