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GmbH-Gründung nach dem AbgÄG 2014 – eine teilweise Rückkehr …

23.05.2014 | Dr. Roman Alexander Rauter

Gesellschaftsrechtliche Auswirkungen des Abgabenänderungsgesetzes

Im Rahmen der Klienteninformation 2013/11 zum GesRÄG 2013 haben wir berichtet, dass der Gesetzgeber die Gründung einer GmbH mit einem Min­deststammkapital von € 10.000,- ermöglicht hat, was auch steuer­liche Vorteile zur Folge hatte. Nunmehr hat der Gesetzgeber aus steuerlichen Grün­den (nämlich zur Verhinderung des Entfalls von Steuereinnahmen) einen Schritt zurück gemacht, zugleich gibt er aber mit Modifikationen des bisher geltenden Rechts Anlass zu zahlreichen Fragen im Umgang mit der neuen „gründungs­privilegierten“ GmbH. Die Regelungen sind am 1. März 2014 in Kraft getreten.

Rückkehr zu € 35.000,-

Im Rahmen einer GmbHG-Gründung und auch bei Kapitalherab­setzungen muss nunmehr wieder ein Mindest­stammkapital von € 35.000,- be­achtet werden, dies jedoch mit Abstrichen für die Gläubiger: Das Gesetz ermöglicht nämlich die Inanspruchnahme einer so genannten „Gründungs­privilegierung“, wodurch es möglich ist, die GmbH temporär auch bloß mit € 10.000,- auszustatten.

Gründungsprivilegierung

Im neu geschaffenen § 10b GmbHG wird die Gründungsprivilegierung in folgernder Weise ausgestaltet: Für die Dauer von maximal 10 Jahren ab Ersteintragung der Gesellschaft im Firmenbuch kann die Einlagepflicht der Gesellschafter eingeschränkt werden. Dafür ist eine gesellschaftsvertragliche Regelung notwendig, welche die „gründungsprivilegierten“ Stamm­einlagen der Gesellschafter bestimmt. Die Summe dieser herabgesetzten Stammeinlagen bildet für die Zeit der Gründungsprivilegierung gleichsam das „Stammkapital“. Mindestens € 10.000,- müssen auf diese Weise in Summe festgelegt werden; einzuzahlen sind bei Gründung mindestens € 5.000,-.

Die gesetzliche Terminologie ist (leider) etwas missverständlich: Die Privilegierung besteht nämlich in dem in der Privilegierungsphase noch nicht zu leistenden Differenzbetrag zwischen den Stammeinlagen und den „grün­dungs­privilegierten“ Stamm­einlagen; umfänglich größere „gründungs­privi­legierte“ Stammeinlagen sorgen somit für eine Reduktion der Privilegierung.

Die Gründungsprivilegierung ist nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht auf Fälle beschränkt, in denen für die Gesellschaft das Mindeststammkapital von € 35.000,- vorgesehen wird. Aus derzeitiger Perspektive erscheint eine Gründungsprivilegierung daher auch dann zulässig zu sein, wenn das Stamm­kapital mit zB € 50.000,- festgelegt wird.

Keine Nutzung der Privilegierung durch bestehende Gesellschaften

Der Gesetzgeber hat klargestellt, dass eine Gründungsprivilegierung nicht durch bereits bestehende Gesellschaften im Rahmen einer Satzungs­änderung in Anspruch genommen werden kann. GmbHs mit einem Stamm­kapital von € 35.000,- (oder mehr) erhalten durch die Gesetzesänderung somit keine neuen Gestaltungsoptionen.

Ausschluss von Sacheinlagen

Problematisch erscheint die Regelung, dass Sacheinlagen im Falle einer Gründungsprivilegierung ausgeschlossen sind, zumal dazu im Gesetz­gebungsprozess im Wesentlichen keine näheren Informationen veröffentlicht wurden. Die damit verbundenen Folgefragen (zB im Zusammenhang mit Kaufverträgen zwischen der GmbH und ihren Gesellschaftern im zeitlichen Zusammenhang mit der Gründung der GmbH oder auch im Zusammenhang mit Umgründungsvorgängen) bedürfen noch der rechtswissenschaftlichen Analyse und Lösung.

Wirkung in der Insolvenz

Die Gründungsprivilegierung entfaltet ihre Wirkung zugunsten der Ge­sellschafter und zulasten der Gesellschaftsgläubiger: Die Gesellschafter kön­nen nämlich während der Zeit der Gründungsprivilegierung höchstens auf Voll­einzahlung ihrer gründungsprivilegierten Stammeinlagen in Anspruch ge­nommen werden. Dies gilt auch dann, wenn während der Gründungsprivile­gierung ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, und sogar, wenn während des Insolvenzverfahrens das Enddatum der Grün­dungsprivilegierung überschritten wird. Aus praktischer Sicht wird es somit in diesen Fällen bei der geringeren Kapitalausstattung bleiben, da die Gesellschafter in aller Regel keinen Anreiz haben werden, freiwillig Geld in eine insolvente Gesellschaft einzuschießen.

Für die Gesellschafter ist freilich Vorsicht geboten: Das Gesetz setzt die Insolvenzeröffnung während der Gründungsprivilegierung voraus, woraus gefolgert werden kann, dass ein Insolvenzantrag nicht ausreicht! Ob durch diese Regelung möglicherweise eine neue „Haftungsfalle“ für Geschäftsführer in Fällen einer verspäteten Insolvenzantragstellung bewirkt wird (Haftung auch gegenüber den Gesellschaftern), kann derzeit noch nicht ausgeschlossen werden.

Beendigung der Gründungsprivilegierung

Mit Ablauf der 10 Jahre endet die Gründungsprivilegierung automatisch. Damit wird das gesellschaftsvertraglich vorgesehene Stammkapital ohne Ein­schränkungen wirksam und die Mindesteinzahlungen sind bezogen auf dieses zu leisten (dh es müsste für eine Einzahlung von zumindest € 17.500,- Sorge getragen werden). Explizite Sanktionen für den Fall der Nichteinzahlung nennt das Gesetz jedoch nicht. Nicht Gesetz wurde eine im Gesetzgebungs­verfahren diskutierte Regelung, wonach in gründungsprivilegierten Gesell­schaften eine Gründungs­rücklage (zum Zwecke des Ansparens des höheren Stammkapitals aus Teilen des Gewinns) zu bilden ist.

Freiwillig kann die Gründungsprivilegierung zu einem früheren Zeitpunkt beendet werden. Das Gesetz nennt die Möglichkeit einer Satzungsänderung, doch müsste zB auch eine Befristung im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag zulässig sein. Für eine Satzungsänderung betreffend die Aufhebung der Privilegierung wird es gemäß den allgemeinen Bestimmungen zur Satzungs­änderung der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen, die von der Auf­hebung der Privilegierung betroffen sind.

Firmenbucheintragung der Privilegierung

Der Gesetzgeber hat im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zwar auf das ursprüngliche Vorhaben verzichtet, dass die Inanspruchnahme der Grün­dungsprivilegierung auf Geschäftsbriefen, Bestellscheinen und Webseiten der Gesellschaft auszuweisen ist, doch ist eine Firmenbucheintragung obliga­torisch: Einerseits wird der Umstand der Gründungsprivilegierung eingetragen, andererseits die Höhe der gründungsprivilegierten Stammeinlagen. Die Fir­menbucheintragung ist gleichsam ein „Warnhinweis“ für den Geschäfts­verkehr, dass es sich nicht um eine GmbH mit dem üblichen Stamm­kapital handelt. Für die Praxis bedeutet dies, dass für nähere (zuverlässige) Informationen ein Firmenbuchauszug benötigt wird.

Die Firmenbucheintragungen können nach Ende der Gründungs­privilegierung erst gelöscht werden, wenn die Mindesteinzahlungen auf das „normale“ Stammkapital geleistet wurden. Die Einzahlung wird somit vom Firmenbuchgericht geprüft werden müssen; obwohl das Gesetz zu dieser Frage schweigt, wird davon auszugehen sein, dass die Geschäftsführer eine Erklä­rung über die Einzahlung abzugeben und eine Bankbestätigung vorzulegen haben.

Altfälle

Gesellschaften, die nach der Rechtslage des GesRÄG 2013 gegründet wurden, können noch eine Weile nach altem Recht (dh mit einem Stammkapital von unter € 35.000,-) weiterbestehen; sie sind daher nicht sogleich zu einer Kapitalerhöhung verpflichtet. Das Gesetz eröffnet eine Übergangsfrist bis 1. März 2024; bis dahin haben GmbHs nach altem Recht eine Kapitalerhöhung auf € 35.000,- vorzunehmen. Da es sich bei diesen Altfällen nicht um gründungsprivilegierte Gesellschaften nach neuem Recht handelt, greift die Pflicht zur Eintragung eines Hinweises im Firmenbuch nicht ein.

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