Rechtsprechung

Generalunternehmer – Sub-Subunternehmer: Kein Sprungregress (OGH vom 30.06.2022, 4 Ob 99/22w)

  • Sachverhalt

Zur Erbringung der Werkleistung setzt der Generalunternehmer einen Subunternehmer ein, der sich wiederum für die Ausführung einzelner Gewerke eines Subunternehmers bedient. Dieser Sub-Subunternehmer verursacht dem Besteller schuldhaft einen Schaden. In einem Vorprozess klagt der Besteller den Generalunternehmer erfolgreich auf Schadenersatz: Nach einhelliger Meinung haftet der Generalunternehmer nicht nur für das Verschulden seines unmittelbaren Gehilfen, sondern auch für das Verschulden des von seinem Erfüllungsgehilfen verwendeten weiteren Erfüllungsgehilfen (Haftung bei Erfüllungsgehilfenkette; siehe zuletzt 5 Ob 82/19y [RS0021803]).

  • Kein Regress gegenüber dem Sub-Subunternehmer

In dem gegenständlichen Prozess begehrt der Generalunternehmer nun Regress gegen den Sub-Subunternehmer. Dabei ging er fälschlicherweise davon aus, er selbst hätte diesen beauftragt. Ein Vertrag bestand indes nur zwischen dem Generalunternehmer und seinem Gehilfen, dem Subunternehmer (ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter kann hier nicht angenommen werden). Etwaige deliktische Ansprüche waren nicht Gegenstand des Verfahrens. Alle Versuche, die fehlende Sachlegitimation in Bezug auf einen vertraglichen Anspruch gegen den Sub-Subunternehmer zu sanieren, scheiterten: Der OGH lehnt einen Regressanspruch des Generalunternehmers gegenüber dem Sub-Subunternehmer ab.

  • Fehlende Sachlegitimation

Eine Solidarhaftung gemäß § 896 ABGB (inklusive internen Regress nach § 1302 ABGB) ist nicht einschlägig. Sie setzt nämlich voraus, dass auch der Erfüllungsgehilfe selbst dem Geschädigten haftet (plakativ 6 Ob 120/14m [RS0017495]). Ein solcher deliktischer Anspruch wurde aber – wie bereits erwähnt – mangels Vorbringens nicht geprüft.

Eine behauptete Abtretung des Regressanspruches des Subunternehmers gegen seinen Erfüllungsgehilfen (Sub-Subunternehmer) an den Generalunternehmer kommt ebenfalls nicht in Betracht. Der Regressanspruch entsteht nämlich erst mit der tatsächlichen Schadenersatzleistung (1 Ob 6/19t [RS0028394]). Vorliegend hatte der Subunternehmer allerdings keinen Ersatz geleistet.

  • Kein Sprungregress

Auch ein Sprungregress gemäß § 1313 S 2 ABGB kommt hier nicht zur Anwendung.

Wer für fremdes Handeln im Außenverhältnis Ersatz leistet, kann gemäß § 1313 S 2 ABGB Rückersatz verlangen. So kann der Geschäftsherr, der nach § 1313a ABGB für seinen Gehilfen einstehen muss, von diesem Ersatz fordern. Dieser Regressanspruch resultiert daraus, dass der Gehilfe seine Pflichten gegenüber dem Geschäftsherrn aus dem Innenverhältnis verletzt hat.

Im Rahmen der Erfüllungsgehilfenkette gilt allerdings das Trennungsprinzip: Die einzelnen Vertragsverhältnisse (und damit auch die Innenverhältnisse) sind auseinanderzuhalten, das heißt, im Ausgangspunkt kann Regress ausschließlich von dem unmittelbaren Gehilfen verlangt werden; nur ausnahmsweise wird dieser Grundsatz durchbrochen, etwa um grobe Unbilligkeiten zu vermeiden (RS0021876). Vorliegend besteht weder ein Vertrag zwischen General- und Sub-Subunternehmer (daher auch kein Innenverhältnis), noch lag eine Durchbrechung des Trennungsprinzips vor – der Generalunternehmer begehrt schlichtweg von der falschen Person Regress.

Als zentrales Argument zeigt der OGH einen Wertungswiderspruch auf. Den vertraglichen Schadenersatzanspruch muss der Besteller gegen den Generalunternehmer – er ist sein Vertragspartner – geltend machen. Insofern wäre es ein Wertungswiderspruch, wenn sich der Generalunternehmer den Regressschuldner aussuchen könnte, er also zwischen seinem Gehilfen und dessen Gehilfen (Sub-Subunternehmer) wählen könnte. Vielmehr muss sich auch der Generalunternehmer grundsätzlich an seinen durch Vertrag etablierten unmittelbaren Gehilfen, das heißt den Subunternehmer, halten.

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