Werkvertragsrecht

Konsumentenschutz beim Werkvertrag: Informationspflicht bei Abbestellung (2) – OGH vom 20. Juli 2022, 3 Ob 119/22d

Das Höchstgericht hat innerhalb einer Woche zwei grundlegende Entscheidungen zur Informationspflicht des Werkunternehmers bei Abbestellung des Werks durch den Verbraucher (§ 27a KSchG) gefällt.
Nachdem der 1. Senat des OGH in seiner Entscheidung vom 14. Juli 2022, 1 Ob 121/22h in Anlehnung an Vorjudikatur bekräftigt hat, dass die Erfüllung der Informationspflicht des Werkunternehmers durch Darlegung der Gründe, warum er bei Abbestellung des Werks durch den Verbraucher vom vereinbarten Werklohn keine (oder keine höheren) Abzüge für Ersparnisse oder anderweitigen Erwerb getätigt hat, eine Voraussetzung für die Fälligkeit des Werklohnanspruches bildet (siehe dazu bereits unseren Beitrag unter Legal News vom 24 Jänner 2023), hat sich wenige Tage danach der 3. Senat des OGH in 3 Ob 119/22d mit der Frage auseinandergesetzt, wann der Werkunternehmer seiner Informationspflicht (spätestens) nachzukommen hat.

Das Höchstgericht hat sich dabei an den Gesetzesmaterialien (Erläuternde Bemerkungen zur seinerzeitigen Regierungsvorlage) orientiert und ist zum Ergebnis gelangt, dass es für die Fälligstellung des Werklohnanspruches des Werkunternehmers genügt, wenn die Informationserteilung an den Verbraucher auch erst im Zuge des Werklohnprozesses erfolgt. Denn auch damit werde – so die Argumentation des OGH – dem Zweck der Informationspflicht, nämlich der Beseitigung des Informationsdefizits des Verbrauchers ausreichend Rechnung getragen. Damit werde dessen Interesse, nur den berechtigten Werklohn zu bezahlen, gewahrt.

Im konkreten Fall hatten die beiden beklagten Parteien ein von ihnen beauftragtes Einfamilienhaus abbestellt und waren vom Werkunternehmer daraufhin auf die Bezahlung von rund 6,8% des gesamten vereinbarten Werklohns geklagt worden. Im Rahmen des Prozesses wurden detaillierte Feststellungen über all jene Arbeiten getroffen, die die Klägerin statt des von den beiden Beklagten abbestellten Bauprojektes erfolgreich abwickeln und abrechnen konnte. Damit war geklärt, was sich die Klägerin auf den ursprünglich vereinbarten Werklohn anrechnen lassen musste. Die Fälligkeit des restlichen Werklohnanspruchs war daher in Folge Erfüllung der Informationspflicht des Werkunternehmers zu bejahen.

Im Sinne der Vermeidung von Kostenersatzfolgen ist aber jeder Werkunternehmer bei Abbestellung durch den Verbraucher gut beraten, die Verpflichtung zur Darlegung der Gründe für eine fehlende Ersparnis oder einen fehlenden anderweitigen Erwerb noch vor klagsweiser Geltendmachung des (restlichen) Werklohnanspruches zu erfüllen und damit die Fälligkeit des Klagebegehrens bereits bei Einbringung der Klage sicherzustellen.

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