Werkvertragsrecht - Konsumentenschutzrecht

Konsumentenschutz beim Werkvertrag: Informationspflicht bei Abbestellung (1) – OGH vom 14. Juli 2022, 1 Ob 121/22h

Der Auftraggeber (Besteller) eines Werkes ist nach der Judikatur zur Abbestellung befugt. Er hat dann allerdings grundsätzlich den (gesamten) vereinbarten Werklohn zu bezahlen.
Der Werkunternehmer muss sich jedoch anrechnen lassen, was er in Folge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat (§ 1168 Abs. 1 Satz 2 ABGB). Im Prozess trägt allerdings nach ganz herrschender Judikatur der Werkbesteller die Beweislast für das Vorliegen eines – den Werklohnanspruch des Unternehmers mindernden – Anrechnungstatbestandes. Dieser Beweis kann freilich vom Besteller in der Praxis vielfach nicht erbracht werden, hat er doch keinen Einblick in die betrieblichen Abläufe des Werkunternehmers. So ist etwa der Nachweis der durch das Ausbleiben der Werkleistung erzielten konkreten Ersparnisse des Werkunternehmers oder der von diesem anderweitig erzielten Einnahmen regelmäßig kaum zu erbringen.
Zum Ausgleich dieses Informationsdefizits des Auftraggebers gibt es im Konsumentenschutzrecht eine Informationspflicht des Werkunternehmers (§ 27a KSchG). Wenn die Ausführung des Werkes durch Umstände in der Sphäre des Verbrauchers (Werkbestellers) unterbleibt und der Werkunternehmer den vereinbarten Werklohn oder einen Teil davon verlangt, so hat der Werkunternehmer dem Verbraucher substantiiert darzulegen, weshalb er sich auf das vereinbarte Entgelt nichts oder nur jenen Betrag, den er bereits in Abzug gebracht hat, anrechnen lassen muss. Diese Information muss ausreichend konkret sein und dem Verbraucher die Beurteilung ermöglichen, ob die unterbliebene oder in bestimmter Höhe vorgenommene Anrechnung auf einigermaßen realistischen Grundlagen fußt (1 Ob 121/22h unter Hinweis auf 4 Ob 119/21k Rz 19).
Im vorliegenden Fall war die klagende Werkunternehmerin mit ihrem Anspruch auf Bezahlung (eines Teiles) des vereinbarten Werklohnes für Planungsleistungen daran gescheitert, dass sie ihre Informationsverpflichtung gegenüber dem beklagten Konsumenten – trotz wiederholter Aufforderung durch diesen – nicht ordnungsgemäß erfüllt hatte. Das Klagebegehren wurde daher mangels Fälligkeit abgewiesen.
Bei Stornierung eines Werkvertrages durch einen Konsumenten ist der Werkunternehmer daher gut beraten, vor klagsweiser Geltendmachung des Anspruches auf den vereinbarten Werklohn oder eines Teiles davon den Konsumenten konkret anhand möglichst überprüfbarer Tatsachen darüber zu informieren, ob und wenn ja aus welchem Grunde er sich etwas auf den vereinbarten Werklohn an Ersparnissen oder anderweitig erzielten Einnahmen anrechnen lassen muss.

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