Im vorliegenden Fall ist die beklagte Vermieterin Eigentümerin von über 60 Immobilien in Wien. Unter anderem vermietete sie sowohl sanierte als auch unsanierte Wohnungen an Verbraucher. Dafür bediente sie sich Vertragsformblättern (AGB), die u.a. folgende Klauseln beinhalteten:
„4. Das Mietverhältnis beginnt am […] und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Es kann von beiden Teilen unter Einhaltung einer jährlichen Kündigungsfrist zum Ende eines jeden Quartales gerichtlich aufgekündigt werden.
5a. Der Mieter verzichtet auf die Kündigung des Vertrages für die ersten drei Bestandsjahre.
5b. Der Mieter verzichtet auf die Kündigung des Vertrages für die ersten fünf Bestandsjahre.“
Die Arbeiterkammer bekämpfte diese Klauseln im Rahmen einer Verbandsklage und bekam Recht: Mehrjährige Kündigungsverzichte von Mietern, die Verbraucher sind, sind unzulässig.
Der Oberste Gerichtshof führt in der Entscheidung aus, dass gemäß § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG Vertragsbestimmungen für Verbraucher nicht verbindlich sind, nach denen sich Unternehmer eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Frist ausbedingen, während Verbraucher an den Vertrag gebunden sind. Im konkreten Fall waren das die zitierten drei oder sogar fünf Jahre.
Für die Überprüfung der Dauer der zulässigen Vertragsbindung ist eine Gesamtwertung aller einschlägigen Vertragsumstände vorzunehmen. In concreto wurde bei der Interessenabwägung insbesondere berücksichtigt, dass Mieter im Falle von Änderungen der persönlichen Lebensverhältnisse eine finanzielle, womöglich existenzgefährdende Doppelbelastung trifft, weil sie für zwei Wohnungen Miete zahlen müssten. Auf Seiten des Vermieters wurden insbesondere die Kosten des Mieterwechsels (zB Kosten für die Suche nach einem neuen Mieter) sowie Investitionskosten berücksichtigt.
Das Höchstgericht bestätigte die Ansicht des Berufungsgerichts, dass eine bloße Sanierung von Wohnungen eine derart lange mieterseitige Bindungsdauer von drei oder gar fünf Jahren nicht rechtfertigen könne und zog die Wertungen des § 29 Abs 2 MRG heran. Gemäß dieser Bestimmung kommt dem Mieter eines befristeten Wohnungsmietvertrags im Voll- und Teilanwendungsbereich des MRG nach Ablauf eines Jahres der ursprünglich vereinbarten oder verlängerten Dauer – unabhängig davon, auf wie viele Jahre der Mietvertrag geschlossen wurde – das zwingende Recht zu, den Mietvertrag jeweils zum Monatsletzten unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zu kündigen. Daraus folgt, dass der Mieter erstmalig im 13. Monat zum Ende des 16. Monats kündigen kann und somit höchstens 16 Monate an einen Mietvertrag gebunden ist.
Angesichts der bisherigen Rechtsprechung, die eine analoge Anwendung des § 29 Abs 2 MRG auf unbefristete Mietverträge ablehnte (vgl RS0121742), sollte der nun vom Gericht erfolgte Rückgriff auf die Wertungen des § 29 Abs 2 MRG von der Vertragspraxis genau beobachtet werden.