Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte sich im vorliegenden Judikat aufgrund einer außerordentlichen Revision mit den haftungsrechtlichen Wirkungen einer baurechtlichen Fertigstellungsanzeige zu befassen.
Die Kläger hatten eine im Dachgeschoss gelegene Eigentumswohnung käuflich erworben und sahen sich rund zwei Jahre nach Übergabe des Kaufgegenstandes erstmals mit einem Feuchtigkeitseintritt in den Dachboden konfrontiert. Es stellte sich heraus, dass der Dachausbau in bautechnischer Hinsicht mangelhaft ausgeführt war. Die Käufer klagten die Verkäuferin (erst) nach über sieben Jahren ab Übernahme der kaufgegenständlichen Eigentumswohnung aus dem Titel des Schadenersatzes auf Ersatz des zur Beseitigung der Mängel insbesondere an der Dachkonstruktion und der Dacheindeckung erforderlichen Deckungskapitals.
Die Kläger stützten ihre Klage vor allem auf nachstehende Klausel, die sich in dieser oder ähnlicher Form sehr oft in Immobilienkaufverträgen findet:
„Die verkaufende Partei leistet ……. Gewähr dafür, dass seitens der zuständigen Gemeinde oder sonstiger Behörden keine offenen Verfahren anhängig sind, keine zu erfüllenden Auflagen, Vorschreibungen, u.ä. bestehen…….“
Im Verfahren wurde festgestellt, dass der Dachgeschossausbau auf der Basis einer baubehördlichen Bewilligung durchgeführt und auch die Fertigstellung des Dachgeschossausbaus der Baubehörde ordnungsgemäß angezeigt wurde. Die Baubehörde hatte daraufhin schriftlich die Fertigstellung zur Kenntnis genommen und bestätigt, dass das Bauwerk nun benützt werden dürfe.
Dessen ungeachtet stützten die Kläger ihr Begehren auf Ersatz der Mängelbehebungskosten auf die oben zitierte Gewährleistungsklausel, da es aufgrund des Vorliegens verdeckter Mängel an einer vollständigen, rechtskonformen Fertigstellungsanzeige mangle. Nach Ansicht der Kläger wäre die Baufertigstellungsanzeige wegen des Vorliegens von Sachmängeln als nicht abgegeben anzusehen, weshalb das Verfahren über die Berechtigung zur Benützung der Wohnung noch offen (und damit die Verkäuferin haftbar) sei.
Das Höchstgericht ist dieser Sichtweise über die vermeintlichen Auswirkungen eines Sachmangels des Bauwerks auf die Zulässigkeit einer Baufertigstellungsanzeige nicht gefolgt.
Der OGH stellt klar, dass die Mängelfreiheit des Bauwerks nach Gewährleistungsrecht oder Schadenersatzrecht für die Fertigstellungsanzeige im baurechtlichen Verfahren keine Bedeutung hat. Dies wird damit begründet, dass sich die öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften grundsätzlich nur auf das Verhältnis und die Verantwortung des Bauherrn gegenüber der Baubehörde und die Wahrung des öffentlichen Interesses beziehen. Das Vorliegen von Sachmängeln an einem Bauwerk ist daher für sich allein nicht geeignet, die Baufertigstellungsanzeige und damit den Abschluss eines baubehördlichen Verfahrens zu hindern.