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OGH 25.1.2017, 7 Ob 128/16y – Kfz-Betrieb erhält Verdienstentgang wegen Umsatzeinbußen durch Staubemissionen beim Bau eines Wasserkraftwerkes

16.01.2018 | Dr. Martin Stadlmann

Selbst ein in einem Gewerbe- bzw. Industriegebiet angesiedelter Betrieb ist den durch die Errichtung einer naturschutz-, wasser- und forstrechtlich bewilligten Wasserkraftanlage entstehenden Staubemissionen nicht schutzlos ausgeliefert.

Auch wenn den Nachbarn einer behördlich genehmigten Anlage der Anspruch auf Unterlassung der Errichtung und des Betriebes einer derartigen Anlage gesetzlich abgeschnitten wird, gewährt ihnen das Nachbarrecht (§ 364a ABGB) gleichsam als Entschädigung einen v e r s c h u l d e n s u n a b h ä n g i g e n Ausgleichsanspruch, der auf Ersatz des positiven Schadens und entgangenen Gewinnes gerichtet ist.

Im konkreten Fall wurde von der Kraftwerksgesellschaft ein Speicherbecken, ein Maschinenhaus am Flussufer sowie eine fast 2 Kilometer lange Druckrohrleitung errichtet. Die Bauarbeiten dauerten etwa eineinhalb Jahre.

In diesem Zeitraum kam es aufgrund der hohen Anzahl der Fahrbewegungen durch LKW, Bagger und sonstige Baumaschinen und wegen Schutt- sowie Erdablagerungen zu ganz erheblichen, für das Gewerbegebiet ungewöhnlichen Staubimmissionen, die zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Kfz-Betriebes (Werkstätte samt Lackierungen sowie Autohandel) der Klägerin führte.

So waren etwa bei einer großen, nicht exakt feststellbaren Anzahl von Kraftfahrzeugen zusätzliche Reinigungsarbeiten vor der Lackierung im Ausmaß von einer Arbeitsstunde je Fahrzeug erforderlich.

Es kam weiters zu deutlich vermehrten Staubeinschlüssen bei den Lackierarbeiten im Betrieb der Klägerin, die einen Mehraufwand bei den Nacharbeiten nach sich zog. Außerdem verlor die Klägerin eine nicht feststellbare Anzahl an Kunden, weil der Anfahrtsweg zum Kfz-Betrieb aufgrund der Baustelle stark verschmutzt war und es wegen der Verlegung der Druckrohrleitung auch zur Behinderung der Zufahrt und zu längeren Wartezeiten für die Kunden des Kfz-Betriebes kam.

Die Klägerin konnte zwar durch einen Vergleich der Geschäftsergebnisse aus dem Zeitraum der Bauarbeiten mit den Geschäftsergebnissen vor und nach den Bauarbeiten einen Verdienstentgang nachweisen; es konnten freilich weder die genaue Höhe dieses Verdienstentganges noch jener Anteil, der auf die Immissionen zurückzuführen ist, die das im Gewerbegebiet ortsübliche Maß übersteigen, festgestellt werden.

Da ein derartiger Nachweis praktisch nicht zu erbringen ist, ermöglicht § 273 ZPO dem Richter, die Höhe des Schadens und damit im gegenständlichen Fall die Höhe des Verdienstentganges nach freier Überzeugung festzusetzen.

Das Gericht hat hierbei unter Anwendung richterlicher Erfahrung und allgemeiner Lebenserfahrung vorzugehen, wobei im gegenständlichen Fall auch die Zwischenergebnisse eines teilweise zur Schadenshöhe durchgeführten Beweisverfahrens zu berücksichtigen waren.

Die vom Erstgericht aud dieser gesetzlichen Basis vorgenommene Schätzung des dem Kfz-Betrieb zu ersetzenden Verdienstentganges wurde sowohl vom Berufungsgericht als auch vom Höchstgericht bestätigt.

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