Zur Vertragsraumordnung

In der Praxis kommen bei größeren Immobilienprojekten oft Instrumente der sogenannten Vertragsraumordnung vor, die gelegentlich auch Gegenstand oberstgerichtlicher Rechtsprechung sind (jüngst OGH 14.07.2022, 5 Ob 3/22k). Dabei mutet schon dieser Begriff – zumindest auf den ersten Blick – seltsam an, passen doch die Raumordnung als klassischer Bereich des öffentlichen Rechts und der Vertrag als zentrales Vehikel des Privatrechts nicht recht zusammen.

Ausgangspunkt ist, dass durch Maßnahmen der Raumordnung (insbesondere Flächenwidmungs- und Bebauungspläne) die Nutzungsmöglichkeit von Grundstücken eingehegt wird. Durch die vorgegebene Nutzung wird jedoch gerade nicht sichergestellt, dass diese Grundstücke auch tatsächlich in der vorgesehenen Form genutzt werden, sodass es mitunter zum – aus staatlicher Sicht vielfach unerwünschten – „bloßen“ Horten von Grundstücken kommt.

Die Rechtsordnung kennt daher Mittel, die – im Gegensatz zu der „passiven“ Raumordnung – auf aktive Raumgestaltung abzielen. Diese Instrumente firmieren unter dem Begriff Vertragsraumordnung.

Aus rechtstechnischer Sicht handelt es sich um eine spannende Schnittstelle zwischen dem öffentlichen und dem Privatrecht, denn das Instrument der Vertragsraumordnung ist der privatrechtliche Vertrag, der zwischen dem Eigentümer der Liegenschaft einerseits und der jeweiligen Gemeinde andererseits abgeschlossen wird. Man spricht deswegen auch von städtebaulichen Verträgen.

Die Gemeinde handelt hier im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung, weil sie als Trägerin von Privatrechten hinsichtlich der örtlichen Raumordnung angesehen wird. Sie darf Raumordnungsverträge aber nur dann abschließen, wenn eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung existiert; gegenständlich sind dies die Raumordnungs- und Raumplanungsgesetze der Länder.

Raumordnungsverträge werden als Ergänzung zu den hoheitlichen Planungsinstrumenten verstanden. Ihr Zweck ist die Verwirklichung örtlicher Raumordnungsziele, wie etwa die Deckung an Wohnraum oder an Wirtschaftsflächen zu angemessenen Preisen.

Prototypische Vereinbarungen sind der Verwendungsvertrag über die widmungskonforme Verwendung von Grundstücken innerhalb angemessener Frist sowie der Überlassungsvertrag, demzufolge der Eigentümer seine Liegenschaft Dritten für die Realisierung bestimmter Ziele zur Verfügung stellen muss, etwa für den förderbaren Wohnbau.

Hinweis für die Praxis:

Für die Praxis besonders wichtig ist das Koppelungsverbot: Es ist unzulässig, den Abschluss eines Raumordnungsvertrages mit der Änderung der Raumordnungsverhältnisse, etwa durch Abänderung des Bebauungsplanes, zu junktimieren. Ein Verstoß dagegen ist mit Nichtigkeit bedroht (§ 879 ABGB). Hintergrund des Koppelungsverbotes ist auch, die vielfach bestehende Übermacht der Gemeinde gegenüber dem Verhandlungspartner abzufedern.

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