Themenreihe: „Immobilien in der Krise“ (4): Wertsicherungsklausel endgültig gefallen ? Die jüngste Klausel-Entscheidung des OGH vom 22.3.2024

In einer rezenten, erst vor kurzem den Parteien zugestellte Entscheidung OGH 22.3.2024, 8 Ob 6/24a, befasste sich der Gerichtshof wiederum mit Klauseln in Mietverträgen mit Verbrauchern (Verbandsprozess).

Entscheidungsgegenständlich waren diverse Klauseln, hier interessiert aber die wirtschaftlich bedeutsame Wertsicherungsklausel.

Konkret handelte es sich um folgende Schwellwertklausel:

„Die Wertsicherung erfolgt derzeit nach dem von der Bundesanstalt Statistik Österreich monatlich verlautbarten Verbraucherpreisindex 2015 (VPI 2015). Ausgangsbasis für diese Wertsicherung ist die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zuletzt verlautbarte Indexzahl. Indexschwankungen bis einschließlich 3 % bleiben unberücksichtigt. Dieser Spielraum ist bei jedem Überschreiten nach oben oder unten auf eine Dezimalstelle neu zu berechnen, wobei stets die erste außerhalb des jeweiligen Spielraums gelegene Indexzahl die Grundlage sowohl für die Neuberechnung des Mietzinses als auch des neuen Spielraums zu bilden hat.“

Der OGH entwickelt in der rezenten Entscheidung seine in den früheren Erkentnissen (2 Ob 36/23t, 8 Ob 37/23h) zum Ausdruck kommende Rechtsansicht weiter und wendet § 6 Abs 2 Z 4 KSchG nun auch auf eine Schwellwertklausel an.

Nach Ansicht des OGH ist diese mittlerweile in der Immobilienpraxis berüchtigte Norm auf alle Dauerschuldverhältnisse anzuwenden, insbesondere auch auf Mietverhältnisse (Rn 17 der Urteilsbegründung). Den gegenteiligen Stimmen im Schrifttum erteilt er eine Absage, bedauerlicherweise jedoch ohne sich detailliert mit deren Argumenten auseinanderzusetzen.

Für die Anwendung ist es dann auch  unerheblich, ob es sich hierbei um ein Mietverhältnis handelt, das im Vollanwendungs- oder im Teilanwendungsbereich des MRG steht.

Konkret sticht aber die Schwelle von 3% ins Auge. Man könnte – vereinfacht gesagt – die Ansicht vertreten, dass die Wertschwelle von 3% Preisstabilität von 2 Monaten gewährleistet, weil die Textierung von Wertsicherungsklauseln zwar eine Erhöhung zuließe, aber der Mietzins wegen Nichterreichen der Schwelle faktisch nicht angepasst wird oder wurde.

  • Auf diesen Gedanken geht der OGH aber nicht ein; das legt nahe, dass der OGH künftig jede Wertsicherungsklausel als Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG ansieht, wenn nicht schon nach dem (objektiven) Wortlaut eine frühzeitige Erhöhung gänzlich ausgeschlossen ist.
  • Bisher nicht Gegenstand einschlägiger Rechtsprechung waren die Auswirkungen dieser Judikaturlinie auf den Individualprozess des Vermieters mit dem Mieter sowie die Verjährung allfälliger Rückforderungsansprüche der Mieter (siehe dazu Milchrahm/Max, Zur Unzulässigkeit von Wertsicherungsklauseln in Verbraucher-AGB, GRAU 2023/48; Terlitza, (Un-)Wirksame Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen, NZ 2024/52).

Es bleibt also spannend.

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