Ab wann liegt eine sonstige selbständige Räumlichkeit nach § 2 Abs 2 WEG vor?

Kann man an einem Umkleideraum mit Seezugang Wohnungseigentum begründen? – OGH vom 04.07.2023, 5 Ob 185/22z

Nach § 2 Abs 2 WEG handelt es sich bei Wohnungseigentumsobjekten, um Wohnungen, sonstige selbständige Räumlichkeiten und Abstellplätze für Kraftfahrzeuge (wohnungseigentumstaugliche Objekte), an denen Wohnungseigentum begründet wurde. Eine sonstige selbständige Räumlichkeit wird als ein baulich abgeschlossener, nach der Verkehrsauffassung selbständiger Teil eines Gebäudes, dem nach seiner Art und Größe eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt, wie etwa ein selbständiger Geschäftsraum oder eine Garage, definiert.

Wie so oft kann die Frage, ob ein Raum eine sonstige selbständige Räumlichkeit und damit wohnungseigentumstauglich ist, nur nach den Umständen des konkreten Einzelfalls beurteilt werden, wobei die Verkehrsauffassung entscheidend ist (vgl. RIS-Justiz: RS0082876). Selbständigkeit setzt dabei voraus, dass die Räumlichkeit zur ausschließlichen Benützbarkeit durch den Wohnungseigentümer geeignet ist. Erhebliche wirtschaftliche Bedeutung kommt nur solchen Räumlichkeiten zu, die ein gewisses Mindestmaß an wirtschaftlicher Autarkie aufweisen.

In diesem Zusammenhang wurde ein Lagerraum von ca. 40 m² als wohnungseigentumstauglich angesehen, ein 7 m² großer Lagerraum demgegenüber nicht.

Ein 3 m² großer Raum, der einen Geldautomaten beherbergt (Bankomatraum), wurde demgegenüber als wohnungseigentumstauglich qualifiziert (vgl.: OGH vom 27.11.2001, 5Ob196/01m). Begründet wurde das damit, dass der Raum zum Tätigen von Bankgeschäften mittels eines elektronischen Gerätes dient und sohin dem Raum nach der Verkehrsauffassung eine ausreichend selbständige (autarke) wirtschaftliche Bedeutung zukommt.

 

Hat ein Umkleideraum für sich ausreichend selbständige wirtschaftliche Bedeutung?

In der Entscheidung vom 04.07.2023, 5 Ob 185/22z hatte der OGH über die Frage zu entscheiden, ob zwei als Umkleidekabinen nutzbare Räumlichkeiten von je rund 5,90 m² und 6,84 m2 mit Zugang zum Wörthersee über die Allgemeinfläche jeweils eine sonstige selbständige Räumlichkeit darstellen.

Bei dem Ausgangsverfahren handelte es sich um eine Zivilteilungsklage gem. § 830 ABGB, wobei das Erstgericht die Möglichkeit einer Realteilung im Sinne einer Begründung von Wohnungseigentum verneinte und die Miteigentumsgemeinschaft via gerichtliche Feilbietung aufhob.

Das Berufungsgericht sprach sich dann für eine Wohnungseigentumstauglichkeit aus, bejahte aber das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage gem. § 502 ZPO, inwieweit nämlich an Räumlichkeiten wie etwa Badehütten/Badehäusern aufgrund ihrer exklusiven Lage auf einem Grundstück mit Seezugang Wohnungseigentum begründet werden kann, sohin aufgrund von Umständen, die dem Objekt selbst nicht zukommen.

Der OGH bejahte die Einschätzung des Berufungsgerichts, dass es sich um eine erhebliche Rechtsfrage handelt, entschied inhaltlich allerdings abweichend. Denn die erhebliche Werthaltigkeit der Umkleideräume ist eben nur in Zusammenhang mit der im Freien gelegenen Allgemeinfläche („Seezugang“) gegeben, die nach den Teilungsvorschlägen auch allgemeiner Teil bleiben sollte.

Eine Wohnungseigentumstauglichkeit wäre laut OGH nur dann in Frage gekommen, wenn diesen Umkleideräumen, von den durch die Allgemeinfläche vermittelten Bademöglichkeit losgelöst erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zugekommen wäre.

Der OGH hat daher festgehalten, dass sich die Selbständigkeit und erhebliche wirtschaftliche Bedeutung einer sonstigen selbständigen Räumlichkeit autark und somit aus dieser selbst und nicht erst in Zusammenhang mit allgemeinen Teilen zu ergeben hat.

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