Keine Anwendung des § 30 Abs 2 Z 5 MRG bei gemischt genutzten Wohnungen?

Auf den Verwendungszweck kommt es an – OGH vom 28.06.2023, 7 Ob 10/23f

§ 30 Abs 2 Z 5 MRG erlaubt die Kündigung einer Wohnung, sofern die Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (vgl. § 14 Abs. 3 MRG: Ehegatte, der Lebensgefährte, Verwandte in gerader Linie einschließlich der Wahlkinder und die Geschwister des bisherigen Mieters) dienen. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG ist das Ableben eines Mieters von Wohnräumen. Dabei hat der kündigende Vermieter die Wohnraummiete und den Tod des Mieters zu behaupten und zu beweisen (vgl. RIS-Justiz: RS0070736).

Ob ein Hauptmietvertrag über eine Wohnung oder Geschäftsräumlichkeiten vorliegt, hängt davon ab, ob der Mietgegenstand nach der Parteienabsicht beim Abschluss des Mietvertrags zu Wohn- oder zu Geschäftszwecken in Bestand genommen worden ist oder welcher Zweck von den Parteien später einvernehmlich zum Vertragszweck gemacht worden ist (vgl. RIS-Justiz: RS0044863, RS0070039).

In der Entscheidung vom 28.06.2023, 7 Ob 10/23f hatte der OGH folgenden Sachverhalt zu beurteilen:

Ein Bestandobjekt aufgeteilt auf zwei Wohnungen wurde als einheitliches Bestandobjekt an den Vater des Beklagten vermietet, und zwar zu Wohnzwecken und zum Betrieb einer Zahnarztordination. Dabei wurde weder im Mietvertrag festgelegt, welche Räume des Gesamtobjekts konkret wozu verwendet werden sollten, noch lässt sich aus der Vertragsurkunde ableiten, dass einer der beiden Zwecke überwiegen sollte.

In der Entscheidung vom 17.04.2002, 7 Ob 245/01g hat der OGH noch die Auffassung vertreten, dass bei Berufen, die üblicherweise in der Wohnung ausgeübt werden (wie eben jene des Arztes, Rechtsanwalts oder Realitätenvermittlers), die zur Berufsausübung erforderlichen Räume als Wohnraum und nicht als Geschäftsraum anzusehen sind, weil in solchen Fällen das Wohnbedürfnis und der Berufszweck einander im Zweifel die Waage halten (vgl. RIS-Justiz: RS0068895). Der OGH stellte sohin auf das Überwiegen des Wohn- oder Betriebszwecks ab, wobei eine gleichwertige Nutzung bei Berufen, die üblicherweise in der Wohnung ausgeübt werden, zugunsten des Wohnzwecks ausschlägt. Dem Vermieter stünde somit unter Umständen der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG zu.

In der nun aktuellen Entscheidung vom 28.06.2023, 7 Ob 10/23f kommt der OGH demgegenüber zu dem Schluss, dass „jedenfalls dann, wenn nach dem konkreten Vertragsinhalt die vereinbarte Verwendung zu beruflichen Zwecken des Mieters der vereinbarten Verwendung für Wohnzwecke gleichwertig ist, so kommt der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG nicht zur Anwendung, auch wenn der Mieter im Objekt einem üblicherweise in einer Wohnung ausgeübten Beruf nachgeht.“

Die vom OGH in seiner Entscheidung vom 17.04.2002, 7 Ob 245/01g vertretene Ansicht wird damit ausdrücklich nicht aufrechterhalten. Die vereinbarte gleichwertige Nutzung eines Bestandobjekts zum Zwecke der Berufsausübung und des Wohnens schließt die Anwendbarkeit des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG aus. Die Entscheidung hebt einmal mehr hervor, wie wichtig die klare Definition des Verwendungszwecks im Rahmen der Vertragsgestaltung ist.

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