ERBRECHT

Die Krux fremdhändiger Testamente

Letztwillige Verfügungen (das sind Testamente und sonstige letztwillige Verfügungen, sogenannte Kodizille) wurden vom Gesetzgeber zur Verhinderung von Missbrauch zu Recht strengen Formvorschriften unterworfen.

Während das am wenigsten fehleranfällige eigenhändige Testament durch den Testator handschriftlich geschrieben und unterschrieben werden muss, sind die Regelungen beim fremdhändigen Testament schon deutlich komplexer. Dieses muss unter anderem einen vom Testator eigenhändig geschriebenen Zusatz, die sogenannte nuncupatio, enthalten, mit dem dieser bekräftigt, dass die vorliegende letztwillige Verfügung seinem Willen entspricht. Zudem bedarf es dreier gleichzeitig anwesender Zeugen, die unter Ausweisung ihrer Identität eigenhändig mit einem Hinweis auf ihre Zeugeneigenschaft unterschreiben müssen. Diese Zeugen müssen auch gewisse Voraussetzungen, wie Volljährigkeit und Unbefangenheit, erfüllen, damit dem Testament volle Wirksamkeit zukommt.

Seit einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) im Jahr 2018 (2 Ob 192/17z) rückte jedoch ein anderer, zuvor wenig beachteter Aspekt in das juristische Scheinwerferlicht: die sogenannte Urkundeneinheit bei mehrseitigen Testamenten. Ausgangspunkt der Entscheidung war ein Testament, welches auf einem Blatt die letztwilligen Anordnungen, die nuncupatio sowie die Unterschrift des Erblassers beinhaltete, während sich auf einem zweiten, losen Blatt die Unterschriften der Zeugen befanden. Die beiden losen Blätter wurden mit einer Büroklammer zusammengefügt, nachdem auch die Zeugen unterschrieben hatten. Der OGH sprach aus, dass dieses Testament mangels inhaltlichen Zusammenhangs formungültig ist. Für diesen könnte neben der Fortsetzung des Textes auch ein – vom Testator unterfertigter – Vermerk auf dem zusätzlichen Blatt mit Bezugnahme auf seine letztwillige Verfügung ausreichend sein.

In weiteren Entscheidungen (bspw. 2 Ob 145/19s, 2 Ob 218/19a, 2 Ob 143/20y) wurde die Judikatur konkretisiert. Ein fremdhändiges Testament ist demnach ungültig, wenn der Erblasser und/oder die Testamentszeugen auf einem losen Blatt unterschrieben haben, ohne dass ein innerer oder äußerer Zusammenhang besteht. Ein äußerer Zusammenhang besteht dann, wenn vor der Leistung der Unterschrift oder während des Testiervorgangs die äußere Urkundeneinheit hergestellt wurde, indem die einzelnen Seiten der Urkunde so miteinander verbunden wurden, dass die Verbindung nur mit Zerstörung oder Beschädigung der Urkunde wieder gelöst werden könnte. Binden, Kleben oder Nähen genügen, ein bloßes Heften oder Verbinden mit einer Büroklammer hingegen nicht.

In einer erst kürzlich veröffentlichen Entscheidung des OGH (2 Ob 4/21h) vom 29. April 2021 reagierte dieser auf die Verunsicherungen der Praxis und präzisierte, dass es für die äußere Urkundeneinheit genügt, wenn das Testament unmittelbar nach den Unterschriftsleistungen (ohne Beschädigung untrennbar) verbunden wird. Die Anwesenheit des Testators ist dabei nicht erforderlich.

Soll ein fremdhändiges Testament errichtet werden, ist folglich zu empfehlen, den Text – sofern möglich – auf einen Bogen Papier zu bringen und/oder den Rechtsberater des Vertrauens mit der Erstellung oder Prüfung der letztwilligen Verfügung zu beauftragen. Auch die Registrierung des Testaments im Testamentsregister ist zur Sicherstellung der Auffindung nach dem Todesfall anzuraten.

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