Gesellschaftsrecht, Eherecht

Themenreihe „Der Geschäftsführer“ – Relevanz auch im nachehelichen Aufteilungsverfahren: OGH 14.9.2022,1 Ob 109/22v

Wenn die Ehegatten im Zuge einer Scheidung keine Einigung über vermögensrechtliche Fragen erzielen können, sieht das Gesetz die Möglichkeit eines nachehelichen Aufteilungsverfahrens (§§ 81ff EheG) vor. Die Aufteilungsmasse bildet die sogenannte eheliche Errungenschaft; darunter fällt all das, was die Ehegatten während der Ehe gemeinsam erarbeitet oder erspart haben (RS 0057486 [T1]).
In diese – im außerstreitigen Verfahren abzuwickelnde – Aufteilung sind Anteile an einem Unternehmen allerdings nur dann einzubeziehen, wenn es sich dabei um bloße Wertanlagen handelt (§82 Abs 1 Z 4 EheG). Einer Unternehmensbeteiligung kommt im Allgemeinem (nur) dann der Charakter einer Wertanlage zu, wenn mit ihr weder eine Mitwirkung an der Unternehmensführung noch ein maßgeblicher Einfluss auf das Unternehmen verbunden ist (RS 0058277 [T1]).
Die bloße rechtliche Möglichkeit eines maßgeblichen Einflusses reicht aus, um den Wertanlagencharakter einer Unternehmensbeteiligung zu verneinen und damit die Unternehmensbeteiligung vom nachehelichen Aufteilungsverfahren auszunehmen. Auf die tatsächliche Ausübung eines rechtlich möglichen Einflusses kommt es nicht an (RS 0058277 [T3]).
Im gegenständlichen Fall hatten beide Ehegatten gemeinsam eine GmbH gegründet. Diese Gesellschaft hatte einen landwirtschaftlichen Weinbaubetrieb samt Buschenschank zum Gegenstand, wobei sich die Ehegattin für den Buschenschank engagierte und der Weinbaubetrieb in den Aufgabenbereich des Ehemannes fiel.
Der Mann hielt (zuletzt) eine 80%ige Beteiligung an der GmbH und stellte im nachehelichen Aufteilungsverfahren den Antrag, ihm den 20%igen Gesellschaftsanteil der Frau gegen Leistung einer Ausgleichszahlung von EUR 11.000 zu übertragen. Die Frau, die als einzelvertretungsbefugte Geschäftsführerin der GmbH im Firmenbuch eingetragen war, hatte ihre Befugnisse und Funktion als Geschäftsführerin faktisch nicht ausgeübt, sondern ihrem ebenfalls als Geschäftsführer bestellten Mann diese Leitungsfunktion alleine überlassen.
Dessen ungeachtet scheiterte der Mann mit seinem Antrag in allen drei Instanzen, genügt doch die bloße rechtliche Möglichkeit, an der Unternehmensführung mitzuwirken, um den Wertanlagencharakter einer Unternehmensbeteiligung auszuschließen.
Die Geschäftsführerfunktion der Frau war also entscheidend dafür, dass ihre Unternehmensbeteiligung im Ausmaß von 20 Prozent nicht in das nacheheliche Aufteilungsverfahren einzubeziehen ist. Soweit die Gesellschaftsanteile der beiden Exgatten an der während aufrechter Ehe gegründeten GmbH betroffen sind, gestaltet sich deren Rechtsbeziehung sohin ausschließlich nach gesellschaftsrechtlichen Vorschriften.

Weiterempfehlen