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Hinweis für die Immobilienwirtschaft: Fallen an der Schnittstelle Immobilienrecht und Gesellschaftsrecht (2)

10.07.2020 | Mag. Wilhelm Milchrahm

Die Nachhaltigkeit der Mieterträge ist für den Immobilieninvestor entscheidend. Für der Wertermittlung einer vermieteten Immobilie ist daher regelmäßig auch das Ertragswertverfahren maßgeblich und entscheidend. Die Nachhaltigkeit unterliegt dabei einer Reihe immobilienökonomischer Parameter: etwa die Einschätzung, ob ein konkreter Einzelhandelsmieter hinreichend solvent ist, bis zur Beurteilung branchenweiter Entwicklungen und der Stadtentwicklung.

Ausschlaggebend sind aber auch die rechtlichen Rahmenbedingungen. Selbst wenn der Immobilienmarkt einen höheren Mietzins zulässt („ortsüblicher“ Mietzins): Wenn ein vereinbarter Mietzins eine zwingende Mietzinsobergrenze des MRG überschreitet, kann der Mieter in der Regel die Rechtsunwirksamkeit des übersteigenden Mietzinses geltend machen und gegebenenfalls zu viel entrichteten Mietzins zurückfordern. Dass damit aber auch der Ertragswert sinkt, liegt auf der Hand.

Übersehen wird allerdings mitunter, dass auch das Gesellschaftsrecht eine wesentliche Grenze kennt, nämlich das Verbot der Einlagenrückgewähr (als wesentliche Kapitalerhaltungsvorschrift). Schließt eine Gesellschaft einen Mietvertrag mit ihrem Gesellschafter oder mit Personen, die Gesellschaftern gleich zu halten sind, ab, dann darf der Mietvertrag – vor allem der Mietzins – nur mit angemessen Konditionen vereinbart werden, die in der Regel drittvergleichsfähig sein müssen.

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Die Rechtsprechung unterscheidet daher zwischen dem zulässigen Mietzins des MRG (angemessener Mietzins, Richtwert- und Kategoriemietzins), dem ortsüblichen Mietzins (Marktmietzins) und dem angemessenen Mietzins der Kapitalerhaltungsvorschriften. Der angemessene Mietzins nach Kapitalerhaltungsrecht leitet sich in der Regel vom ortsüblichen Mietzins ab und unterscheidet sich von diesem aber insoweit, als er die konkreten Umstände (Vorteile und Nachteile) aus Sicht der betroffenen Gesellschaft berücksichtigt. Es gibt also zwei beachtliche Grenzen: der zulässige Mietzins nach MRG und der angemessene Mietzins nach den Kapitalerhaltungsvorschriften.

Die Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr sind in der Rechtsprechung zwar noch nicht vollständig geklärt, jedenfalls muss aber mit einer Nichtigkeit oder Teilnichtigkeit des Mietvertrages und mit Rückforderungsansprüchen gerechnet werden.

Die Prüfung des Mietvertrages nach Kapitalerhaltungsrecht ist im Übrigen jedenfalls dann indiziert, wenn eine der Vertragsparteien bei Vertragsabschluss Gesellschafter der anderen oder einem solchen Gesellschafter gleichzuhalten war. Letzteres ist in den Details umstritten, aber im Konzern sollte aus Vorsichtsgründen davon ausgegangen werden, dass verbundene Gesellschaften dem Gesellschafter gleichgestellt sind. Da ein Mietvertragsabschluss aber schon Jahre zurückliegen kann, bedarf es aus Gründen der Sorgfalt bzw Vorsicht mitunter einer Recherche zu früheren, gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen.

Ein Beispiel aus der Praxis:

Eine Konzerngesellschaft verkauft eine Immobilie. Um den darstellbaren Ertragswert zu steigern, hält sie eine mit ihr verbundene Gesellschaft dazu an, ein Bestandsobjekt in dieser Immobilie zu überhöhtem Mietzins oder auch zum ortsüblichen und nach dem MRG zulässigen Mietzins anzumieten, obwohl die Gesellschaft das Bestandsobjekt gar nicht benötigt. Ein solcher Mietvertrag kann nach den Umständen des Einzelfalls einen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verwirklicht haben.

Im Ergebnis zeigt sich also, dass sich eine Immobilien-Due-Diligence nicht bloß auf die Einhaltung mietrechtlicher Mietzinsbildungsvorschriften beschränken kann. Zweckmäßig ist auch, im Kaufvertrag einer Immobilie für den Fall eines Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr Vorsorge zu treffen.

Weiterführende Literatur (Auszug):
Dejaco, Einlagenrückgewähr bei Bestandverträgen, NZ 2019, 81
Milchrahm, Kapitalerhaltungsrechtliche Gedanken zum Bestandrecht, wobl 2011, 29
Milchrahm am 8.5.2017 im Rahmen der Vortragsreihe Innsbrucker wohnrechtlicher Dialog dazu Knoll/Scharmer, IWD – Verbotene Einlagenrückgewähr – der blinde Fleck der Mietvertragserrichtung?, wobl 2017, 225
Striessnig, Das Einlagenrückgewährverbot und die Verjährung von Mietverträgen, GesRZ 2016, 266

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