In einer kürzlich ergangenen Entscheidung des OGH (21. 3. 2019, 6 Ob 183/18g) hält dieser fest, dass der Aufsichtsrat einer GmbH gesellschaftsvertraglich nicht mit der Kompetenz zur Bestellung der Geschäftsführer betraut werden kann, und geht noch einen Schritt weiter.
Im Anlassfall sah der Gesellschaftsvertrag keine Bestellungskompetenz des Aufsichtsrats im Sinne einer unmittelbaren Beschlusskompetenz bezüglich der Geschäftsführerbestellung vor. Geregelt war ein Recht des Aufsichtsrats zur Namhaftmachung einer Person. Damit verknüpft war jedoch grundsätzlich eine „Verpflichtung“ der Gesellschafter, für die namhaft gemachte Person im Rahmen des eigentlichen Bestellungsbeschlusses in der Generalversammlung zu stimmen. Andere Personen sollten nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung nur dann bestellt werden können, wenn dies die Generalversammlung mit Zweidrittelmehrheit beschließt.
Der OGH folgte der Rechtsansicht der Vorinstanzen, welche eine gesellschaftsvertragliche Übertragung der Bestellungskompetenz auf den Aufsichtsrat als unzulässig und unwirksam qualifizierten (ebenso die herrschende Meinung). Der OGH verwies auf den aus den Gesetzesmaterialien erkennbaren Willen des Gesetzgebers, dass es sich um eine zwingende Kompetenzzuordnung handelt, sowie auf die Stellung der Generalversammlung als oberstes Organ der GmbH (wie dies schon in der das Genossenschaftsrecht betreffenden Entscheidung 6 Ob 92/07h ausgesprochen wurde; siehe dort allerdings die spätere Gesetzesänderung). Die bloße Möglichkeit der Gesellschafter, den Gesellschaftsvertrag wieder zu ändern und die Kompetenz dem Aufsichtsrat zu entziehen, sah der OGH nicht als gleichwertig und ausreichend an.
Zum konkreten Nominierungsrecht hielt der OGH fest, dass auch dieses gegen die zwingende Bestellungskompetenz des § 15 GmbHG verstößt. Ein Teilnahme- und Rederecht der Gesellschafter ist nicht ausreichend, ebenso wenig eine formell bestehende Kompetenz der Generalversammlung.
Im Ergebnis folgte daraus die fehlende Stimmbindung der ablehnenden Gesellschafter und die Wirksamkeit der abgegebenen Nein-Stimmen.
Betrachtet man die in der OGH-Entscheidung grob skizzierten Sachverhaltselemente des Falles, liegt der Gedanke nahe, dass die versuchte Kompetenzeinräumung zugunsten des Aufsichtsrats unter Umständen ein Mittel hätte sein sollen, die Geschäftsführerbestellung von der Pattsituation loszulösen, welche sich aus den Beteiligungsverhältnissen ergeben kann. Die Sachverhaltsangaben lassen einen Geschwisterstreit vermuten. Da der Aufsichtsrat aber einen der Gesellschafter als Geschäftsführer nominierte, ist es nicht überraschend, wenn die Nominierung Meinungsunterschiede zwischen den Gesellschaftern wach werden ließ.
Aus praktischer Sicht bleibt zu beachten, dass Nominierungsrechte von Gesellschaftern von der herrschenden Meinung anerkannt sind (dies erwähnt auch der OGH). Das ermöglicht einen gewissen Spielraum bei der Vertragsgestaltung; dieser könnte ggf (bei Einbindung „unabhängiger“ Gesellschafter) auch genutzt werden, um die Bestellung von nicht „fraktionszugehörigen“ Geschäftsführern zu ermöglichen.