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Verwaltungsgerichtshof 24.06.2015, Ra 2015/04/0019: Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschluss des Landesverwaltungsgerichtes nur in Ausnahmefällen zulässig – gesetzwidriger Aufhebungsbeschluss führt zu einer Verletzung des Rechtes auf Sachentscheidung durch das zuständige Landesverwaltungsgericht

13.04.2016 | Dr. Martin Stadlmann

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seiner grundlegenden Entscheidung vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 (siehe dazu den Beitrag vom 26.03.2015 der legal news von MS Legal) den Vorrang der meritorischen Entscheidungsbefugnis der Landesverwaltungsgerichte betont und insbesondere auf die Zielsetzungen der Verfahrensbeschleunigung und auf das Gebot der angemessenen Verfahrensdauer hingewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof bleibt dieser Linie in der vorliegenden Entscheidung treu und vertieft seine als Richtschnur für die weitere Spruchpraxis der Landesverwaltungsgerichte maßgebenden Erwägungen zur einschlägigen Bestimmung des § 28 VwGVG. Das Höchstgericht stellt klar, dass die in § 28 Abs 2 VwGVG genannten Voraussetzungen für die meritorische Entscheidungspflicht der Landesverwaltungsgerichte, nämlich dann, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (§ 28 Abs 2 Z 1 VwGVG) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (§ 28 Abs 2 Z 2 VwGVG), weit zu verstehen sind.

Damit soll im Sinne der Verfahrensbeschleunigung die Eröffnung eines weiteren Rechtszuges gegen eine neuerliche verwaltungsbehördliche Entscheidung vermieden werden.

Die Aufhebung der verwaltungsbehördlichen Entscheidung und die Zurückweisung der Angelegenheit durch das Verwaltungsgericht an die Verwaltungsbehörde soll nur ausnahmsweise bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken der Verwaltungsbehörde zulässig sein.

Der Verwaltungsgerichtshof nennt als Beispiele für einen zulässigen Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschlusses des Landesverwaltungsgerichtes das Unterbleiben jeglicher erforderlicher Ermittlungstätigkeit durch die Verwaltungsbehörde, die Vornahme von zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts völlig ungeeigneten Ermittlungsschritten, aber auch den Fall, dass konkrete Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass die Verwaltungsbehörde schwierige Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

Die Landesverwaltungsgerichte sind jedenfalls im Falle eines Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschlusses dazu verhalten zu begründen, warum die Voraussetzungen für die grundsätzlich bestehende Verpflichtung, in der Sache selbst zu entscheiden, nicht vorliegen.

Im konkreten Fall hat der Verwaltungsgerichtshof die Begründung des Aufhebungsbeschlusses als nicht ausreichend qualifiziert und daher den Aufhebungsbeschluss des Landesverwaltungsgerichtes kassiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat gleichzeitig dem Landesverwaltungsgericht beschieden, dass für die im konkreten Fall noch fehlenden Ermittlungen – es ging um die Feststellung des aktuellen Genehmigungskonsenses einer Betriebsanlage hinsichtlich der Betriebszeiten und des Betriebsverkehrs – die die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage betreffenden Verwaltungsakten (nämlich der Inhalt der vorliegenden Bescheide allenfalls unter Heranziehung der zugrundeliegenden Projektanträge und -unterlagen) zu studieren sind. Die noch zu leistende Ermittlungstätigkeit beschränke sich inhaltlich auf die Lektüre des Aktenkonvoluts, weshalb die notwendige Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dem Verwaltungsgericht im Interesse der Raschheit des Verfahrens obliege.

Der Verwaltungsgerichtshof hat damit dem vom Landesverwaltungsgericht intendierten Zurückschicken der Verfahrensakten an die Verwaltungsbehörde mit der Bemerkung, dass ein derartiges Vorgehen nicht dem Ziel der Verfahrensökonomie entspricht, einen Riegel vorgeschoben.

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