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Wofür kann der Mieter vom Vermieter Aufwandersatz verlangen?

8.03.2019 | Mag. Wilhelm Milchrahm

Dieser Frage, die die Praxis laufend beschäftigt, widmete sich wieder der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 19.12.2018, 8 Ob 141/18w.

Eine Mieterin und ihr Lebensgefährte begehrten vom Vermieter Ersatz ihrer Aufwendungen, die sie für ihre Wohnung machten. Ein solcher Ersatzanspruch kann auch durchaus begründet sein, nämlich etwa dann, wenn ein Mieter entweder einen dem Vermieter obliegenden Aufwand („sog. notwendiger Aufwand“) oder einen nützlichen Aufwand gemacht hat (§ 1097 2. Satz ABGB).

Ausgangspunkt des Rechtsstreites war eine sog. Schwarzstaubbildung in der Wohnung, die zur Beeinträchtigung des bedungenen Gebrauchs führte. Durch die Schwarzstaubbildung musste die Wohnung nämlich vermehrt und aufwendig gereinigt werden, zudem wurde die Wohnung umfassend ausgemalt. Diese Maßnahmen zeigten allerdings nur temporäre Wirkung. Zusätzlich entstanden der Mieterin und ihrem Lebensgefährten weitere kausale Kosten, die auf die Schwarzstaubbildung zurückgeführt werden konnten, wie etwa z.B. Arzt- und Apothekerkosten.

Streitentscheidend war daher, ob den geltend gemachten Kosten Aufwendungen zugrunde lagen, die vom Vermieter getätigt hätten werden müssen. Eine solche Pflicht kann sich nach § 1096 ABGB ergeben (notwendiger Aufwand; s auch Lovrek in Rummel/Lukas4 § 1097 ABGB Rz 19 ff).

Zur Besonderheit des Falles:

Die Schwarzstaubbildung der Wohnung war ein Phänomen, dessen physikalische Ursache nicht gefunden werden konnte. Allerdings stand im konkreten Fall auch fest, dass die „ganz normale“ Nutzung der Wohnung durch die Mieterin zur Schwarzstaubbildung führte – juristisch ausgedrückt: der Gebrauch der Wohnung war vertragsgemäß. Gleichzeitig stand die Schwarzstaubbildung in keinem Zusammenhang mit dem Gebäude.

Diese Ausgangslage berührt die allgemeine Frage, ob ein Vermieter auch dann gemäß § 1096 Abs 1 ABGB die Erhaltung des Mietgegenstandes schuldet, wenn die Beeinträchtigung nicht auf einen vom Vermieter zu vertretenden Mangel der Mietsache zurückzuführen ist.

Nach der Rechtsprechung und dem überwiegenden Teil des Schrifttums kommt es zu einer Einschränkung der Erhaltungspflicht des Vermieters, wenn der Mieter den Mangel selbst schuldhaft herbeigeführt hat. Nach dieser Ansicht ist also der Vermieter von der Behebung solcher Mängel befreit, die der Mieter selbst verschuldet hat. Nach einem anderen Teil des Schrifttums besteht auch in diesen Fällen die Erhaltungspflicht des Vermieters weiter, der jedoch die Mangelbehebung nur Zug um Zug gegen eine entsprechende Schadenersatzleistung des Mieters vornehmen muss.

Im vorliegenden Fall stellte sich die Sachlage aber anders dar: Der Mietgegenstand hatte keinen (baulichen) Mangel, aber auch die Nutzung der Wohnung durch die Mieterin (und durch ihren Lebensgefährten) war vertragsgemäß und nicht rechtswidrig.

Vereinfacht – unjuristisch – gesagt: Wer haftet also für eine Gebrauchsbeeinträchtigung, wenn weder der Vermieter noch der Mieter „schuld“ sind?

Der OGH musste diese Frage nicht abschließend entscheiden, da die begehrten Aufwendungen selbst dann nicht ersatzfähig gewesen wären, wenn die Beeinträchtigung auf einen vom Vermieter gemäß § 1096 Abs 1 ABGB zu behebenden Mangel der Wohnung zurückzuführen wäre.

Allerdings lassen die Ausführungen des OGH die Vermutung zu, dass er bei der Annahme einer Erhaltungspflicht zurückhaltend sein könnte, wenn er in der Urteilsbegründung erwägt, „dass der Vermieter wohl nicht zur Abhilfe gegen ein Phänomen verpflichtet werden kann, das erst und nur durch ein von ihm womöglich gar nicht beeinflussbares Verhalten des Nutzers geschaffen wird“.

Ob der OGH diese Zurückhaltung beim nächsten Anlassfall konsequent aufrechterhält, ist schwer prognostizierbar. Die Erwägung des OGH ist begrüßenswert, wiewohl es gegenteilige Argumente geben könnte (dazu RAA Dr. Reinhard Pesek von mslegal in seiner Glosse zur vorliegenden Entscheidung, die in der April-Ausgabe 2019 der immobilienrechtlichen Fachzeitschrift „immolex“ veröffentlicht wird).

Im Ergebnis wies der OGH den geltend gemachten Ersatzanspruch ohnedies aus anderen Gründen ab:

Kein Kostenersatz nach § 1097 ABGB bei bloß oberflächlichen, den Schaden nicht behebenden Aufwendungen:
Sowohl das Putzen als auch das Ausmalen wurden in concreto als zur Beseitigung der Quelle der Schwarzstaubbildung ungeeignet angesehen, da diese nur eine oberflächliche Wirkung hatten. Wird aber bloß eine oberflächliche, den Schaden nicht wirklich behebende Maßnahme gesetzt, so ist diese unnütz und daher nicht ersatzfähig (vgl auch Pesek in Schwimann/Kodek4 § 1097 ABGB Rz 22).

Aufwandersatz für eigene Mühewaltung nach § 1097 ABGB nur im Ausnahmefall:
Für die eigene Mühewaltung eines Mieters gebührt grundsätzlich keine eigene Entlohnung. Ausnahmsweise steht einem Mieter für die von ihm selbst entrichteten Arbeiten nach der Rechtsprechung eine Entlohnung dann zu, wenn diese von ihm berufsmäßig oder gewerbsmäßig ausgeführt werden (OGH RIS-Justiz RS0019782). Im konkreten Fall wurde dies aber nicht behauptet.

Kein Aufwandersatz für kausale Nebenkosten nach § 1097 ABGB:
Die klagende Mieterin und ihr Lebensgefährte begehrten auch gemäß § 1097 2. Satz 1. Fall ABGB Nebenkosten für Aufwendungen, wie etwa die Arzt- und Apothekerkosten, vermehrte Einkäufe und Telefonate, die auf die Schwarzstaubbildung zurückgeführt werden konnten. Der OGH hat zutreffend auch diese kausalen Nebenkosten als nicht gemäß § 1097 2. Satz 1. Fall ABGB ersatzfähig erkannt, da diese keine auf das Bestandsobjekt selbst getätigte Aufwendungen darstellen. Ob diese Kosten allenfalls schadenersatzrechtlich zustünden, musste der OGH freilich nicht beurteilen.

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