Immobilienrecht - Immobilienwirtschaft in der Krise

Themenreihe: „Immobilien in der Krise“ (3): Politikerwunsch, Elbtower und ein Schlaglicht auf das österreichische Wiederkaufsrecht in der Insolvenz

Das Projekt Elbtower in Hamburg ist über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt. Die errichtende Projektgesellschaft musste laut der medialen Berichterstattung Insolvenz anmelden.

Die Stadt Hamburg verweist auf ihr Wiederkaufsrecht und nach einem Medienbericht auch darauf, die Stadt müsse nur den ursprünglichen Kaufpreis ohne Zinsen abzüglich Euro 5 Mio. bezahlen, obwohl die Projektgesellschaft schon rund Euro 300 Mio. in die Errichtung investiert habe (!).

Wiederkaufsrechte werden auch in Österreich in der Praxis nicht so selten bei Liegenschafsverkäufen durch die öffentliche Hand (z.B. Städte, Gemeinde, etc.) vereinbart. Das Anliegen solcher Verkäufer, einen Verwendungszweck der Liegenschaft abzusichern, ist grundsätzlich verständlich. Wir kennen nun viele Vertragsgestaltungen, die für eine vertragliche Absicherung in der einen oder anderen Art sorgen können; eine davon ist das Wiederkaufsrecht, dessen Ausübung in der Regel an bestimmte vertragliche Voraussetzungen genknüpft wird, und in Österreich in den §§ 1068ff ABGB geregelt ist.

Der Wiederkaufspreis entspricht nach der Gesetzeslage dem ursprünglichen Kaufpreis, freilich müssen nützliche Aufwendungen des ursprünglichen Käufers, aber auch vom Käufer verschuldete Verschlechterungen berücksichtigt werden (§ 1069 ABGB), sofern keine anderslautenden vertraglichen Regelungen zulässigerweise vereinbart wurden. Auch eine Wertsicherung oder Verzinsung des Kaufpreises finden nur regelmäßig nur statt, wenn vereinbart (vgl. Apathy/Perner in KBB § 1068 Rz 4).

Es scheint beinahe die Erfüllung eines geheimen Wunsches zu sein, eine Liegenschaft zum alten Verkaufspreis zurückkaufen zu können, wenn diese deutlich mehr wert ist. Das österreichische Wiederkaufsrecht muss schließlich vom Verkäufer in der Regel nicht ausgeübt werden, der Wiederkaufsberechtigte kann sich die Ausübung daher dann gut überlegen, z.B.: Rückerwerb der Liegenschaften zum alten Preis und teuer weiterverkaufen?

Bei Erwerb einer Liegenschaft aus einer (nicht insolventen) Projektgesellschaft, deren Vermögen im Wesentlichen nur aus dieser Liegenschaft besteht, muss u.a. immer auf § 1409 ABGB Bedacht genommen werden, denn bei dessen Anwendung droht eine Haftung des Erwerbes für Schulden der Projektgesellschaft; die Details dieser Haftungsnorm sind komplex und teilweise umstritten; wenn das Entgelt dem Wert des übernommenen Vermögens entspricht und tatsächlich zur Befriedigung von Gläubigern des Übergebers (sei es durch diesen selbst, sei es durch Erwerber für ihn) verwendet wird, könnte aber eine Haftung entfallen (OGH RS0033117). Es kommt also auch auf die Gestaltung des (Wiederkaufs-)Preises an. In diesem Zusammenhang ist m.E. nicht beachtlich, dass der Erwerb aufgrund der Ausübung eines Wiederkaufrechts erfolgt.

Außerdem kann etwa auch § 38 UGB zu beachten sein, wenn nicht lediglich die Liegenschaft, sondern ein „gesamtes“ Projekt übernommen wird und in Wahrheit ein Unternehmen iS § 38 UGB übertragen wird. Geht ein Vertrags- oder sonstiges Rechtsverhältnis auf den (Wieder-)Käufer über, so umfasst dieser Übergang auch die daraus resultierenden Verbindlichkeiten. Ein Haftungsausschluss ist lediglich nach Maßgabe des § 38 Abs 4 UGB möglich, der allerdings (neben anderen Voraussetzungen) auch eine diesbezügliche Vereinbarung zwischen (Wieder-)Käufer und Verkäufer voraussetzen würde.

In der Insolvenz des ursprünglichen Käufers, dem gegenüber das Wiederkaufsrecht ausgeübt werden soll, stellte sich aber dann die Frage, ob das Wiederkaufsrecht nicht ex lege wegen § 26 IO erlischt; vieles spricht dafür, dies zu verneinen (vgl. OGH 24.11.2022, 17 Ob 14/22s [Optionen], Kletečka, Entscheidungsglosse, ÖBA 2023, 524ff).

Ohne Erlöschen würde aber bei Ausübung des Wiederkaufsrechts nur ein zweiter Kaufvertrag entstehen, von dem dann der Insolvenzverwalter in der Regel zurücktreten könnte (§ 21 IO; vgl. OGH 2.9.1999, 2 Ob 278/97i). In einem solchen Fall würde der wiederkaufsberechtigte, ursprüngliche Verkäufer auf einen Schadenersatzanspruch als Insolvenzforderung verwiesen sein (vgl. dazu auch die mslegal news vom 1.1.2024 aus Themenreihe „Immobilien in der Krise“ [Kaufoption]).

Ein sorgfältiger Insolvenzverwalter wird sich (neben allfälligen Fragen der Anfechtung nach der IO) auch mit dem Wertverhältnis von Wiederkaufspreis und tatsächlichem Wert der zu übertragenden Liegenschaft beschäftigen. Es könnte eine Äquivalenzstörung vorliegen, die rechtlich aufgegriffen werden kann. Geprüft werden z.B. Wucher (OGH 2.9.2020, 3 Ob 62/20v; 23.1.2023, 5 Ob 104/22p) oder laesio enormis (§ 934 ABGB; zur Bedeutung des Wiederkaufsrechts als Sanktion vertragswidrigen Verhaltens und zur Frage, ob für die Prüfung der laesio enormis auf den Zeitpunkt des Abschlusses des ersten Kaufvertrages abzustellen ist, z.B. OGH 3.4.1987, 1 Ob 518/87; näheres bei Told, Glosse zu OGH 28.3.2023, 4 Ob 217/21x [verstärkter Senat], ÖBA 2023, 818ff).

Fazit: Nach den konkreten Umständen des Einzelfalls kann daher der Rückerwerb der verkauften Liegenschaft zum ursprünglichen Verkaufspreis verunmöglicht sein. Chancenerhöhend ist eine faire und angemessene Vertragsgestaltung des Wiederkaufsrechts – insbesondere in Bezug auf den Wiederkaufspreis.

Anfragen und Rückfragen: office@mslegal.at sowie unter +43-1-8905565.

 

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